Rolf Najork ist Entwicklungsleiter für Getriebesysteme und Elektrische Antriebe in der Schaeffler Gruppe. Er sieht es mit Sorge, dass sich so wenige Frauen für technische Berufe interessieren.
Herr Najork, in Ihrem Arbeitsfeld, der Getriebeentwicklung, gibt es nicht viele Frauen, und je höher man in der Hierarchie-Ebene geht, desto weniger werden es. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Erst einmal haben Sie völlig recht: Das ist so. In Deutschland hat jahrzehntelang eine große Technik-Skepsis geherrscht. Es war nicht besonders en vogue, in technische Berufe zu gehen, gerade für Frauen. Da muss man überlegen: Was macht diesen Arbeitsplatz spezifisch für Frauen interessant? Schließlich gehen wir gerade aufgrund der demografischen Entwicklung in eine Arbeitskräfteknappheit, da liegt es besonders in unserem Interesse, Frauen für technische Berufe zu interessieren. Daran muss die Branche hart arbeiten. Der zweite Punkt sind die Karrierechancen für Frauen.
Wie sieht es denn aus mit der gläsernen Decke?
Aufgrund der allgemeinen Diskussion über Frauenkarriere und Frauenquoten glaube ich, es besteht in der Industrie und in der Wirtschaft der Wunsch, mehr Frauen einzusetzen, zu fördern und in Führungspositionen zu bringen. Ich war ja früher bei Ford, das ist ein angloamerikanisches Unternehmen, da waren schon damals sehr viel mehr Frauen unterwegs, mit zum Teil exzellenten Karrieren. In Deutschland findet das noch eine natürliche Begrenzung in der geringen Anzahl der Frauen, die technische Berufe studieren.
Was haben Frauen im Bereich F&E den Männern voraus?
Hinsichtlich Teamfähigkeit, Moderationsfähigkeit und Konfliktfähigkeit sind Frauen oft besser aufgestellt. Solche Fähigkeiten sind auf dem Karriereweg vermehrt gefragt, weil mit dem Aufstieg in der Hierarchie auch die Anzahl der Konfliktsituationen zunimmt, mit denen man sich zu befassen hat. Ich glaube, da können Frauen ihren Begabungsvorteil durchaus nutzen.
Was muss eine Frau aushalten können, wenn sie in den Bereich Forschung und Entwicklung geht?
Erst einmal muss sie die Minderheitensituation gut aushalten können, weil es statistisch gesehen nun einmal so ist, dass es da nur einen sehr geringen Anteil an Frauen gibt. Flächendeckende Männerseilschaften sind aber ein Bild der Vergangenheit. Die jüngere Ingenieursgeneration ist aus meiner Sicht wesentlich egalitärer eingestellt. Manchmal könnte es vielleicht eine Anfeindung geben, „Sie sind die Quotenfrau, die wir ja auch im Team haben müssen“, das ist unsachlich, aber so etwas könnte man hören. Davon darf man sich aber nicht entmutigen lassen. Weil, ganz ehrlich: Es ist ja nicht so, dass Männer Männer nicht anfeinden. Was bei der Frau die Quotenfrau ist, ist beim Mann dann der Streber.
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