Wer sich als Wissenschaftler nach beruflichen (Online-)Netzwerken umschaut, kommt heute an ResearchGate nicht mehr vorbei. Das 2006 in Berlin gegründete Netzwerk konnte vor kurzem verkünden, die Marke von acht Millionen Mitgliedern geknackt zu haben. In diesem Artikel lesen Sie, wie es funktioniert und warum es für Wissenschaftler sinnvoll ist, hier präsent zu sein. Sinnvoller auch als eine alleinige Präsenz bei LinkedIn oder Xing.
Die Tipps in Kürze:
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Wer als Wissenschaftler an einer Hochschule, Institution oder in einem Unternehmen arbeitet, an einer Hochschule studiert oder promoviert, sollte auf ResearchGate präsent sein.
- Füllen Sie zunächst alle Profilangaben bei ResearchGate aus, bevor Sie ihren Account auf „Veröffentlichen“ stellen.
- Entscheiden Sie sich bewusst, ob Ihre Forschungsergebnisse für jeden Nutzer sichtbar sein sollen oder nur für Ihre „Follower“ oder innerhalb von ResearchGate.
- Vernetzen Sie sich aktiv mit anderen Nutzern bzw. Wissenschaftlern aus Ihrem Fachgebiet, tauschen Sie sich aus, kommentieren und teilen Sie.
Ein Profil bei ResearchGate erstellen
Wer Mitglied bei ResearchGate werden möchte, muss wissenschaftlich arbeiten. Das erfordert entweder die E-Mail-Adresse einer wissenschaftlichen Einrichtung, eines Unternehmens oder eine Art Kurzbewerbung per Kontaktformular.
Durch Bestätigung der E-Mail-Adresse wird der Zugang für den Account freigeschaltet und man kann mit dem Anlegen des Profils beginnen. Vieles erklärt sich hier von selbst. So kann man wie bei LinkedIn auch einzelne Punkte des Kurzprofils editieren und aktualisieren. ResearchGate bietet einem hier viele Wahlmöglichkeiten und zahlreiche Abschlüsse aus der ganzen Welt.
Wenn man die ersten Basisangaben eingefügt hat, steht schon einmal die Grundlage des Profils. Auch in diesem Netzwerk ist es sinnvoll, sich mit einem Profilbild zu präsentieren, in der Regel schätzen es die Kollegen, wenn man das Profil einem Bild zuordnen kann. Auf was dabei zu achten ist, haben wir hier in einem Artikel zusammen gefasst.
Auf der Überblicksseite kann man dann einen Profiltext einfügen, sich mit anderen Forschern vernetzen und Publikationen hinzufügen. Die Anzahl der Leser und der Zitate werden im Profil mit aufgeführt, so dass sich schnell ein Überblick verschaffen lässt, wie erfolgreich ein Mitglied auf seinem Gebiet ist.
Was bringt eine Präsenz auf ResearchGate? Dr. Ijad Madisch, Gründer von ResearchGate, beantwortete uns dazu ein paar Fragen:
Auf ResearchGate kann ich als Wissenschaftler meine Arbeit präsentieren und mich mit anderen Wissenschaftlern vernetzen. Hier kann ich meine Forschung so zeigen, wie ich es möchte und Fachartikel, aber auch Forschungsdaten, Conference Papers oder sogar Ergebnisse aus bisher unveröffentlichten und misslungenen Versuchen hochladen. Auf ResearchGate kann ich auch genau sehen, wie oft meine Arbeit gelesen wird, und in bestimmten Fällen sogar von wem – wertvolles und vor allem schnelles Feedback, was in der Wissenschaft ansonsten rar ist.
Von welchen Zahlen sprechen wir denn? Die Zahl der Publikationen und Forschungsdaten die von unseren acht Millionen Mitgliedern so geteilt werden steigt rasant. In den ersten vier Jahren in ResearchGates Geschichte wurden 2 Millionen Publikationen von den Wissenschaftlern auf ihre Profile hochgeladen. Heute sind es 2,5 Millionen monatlich. Mitglieder wie die Öffentlichkeit haben also Zugriff auf einen immer weiter wachsenden Wissensschatz. Denn das, was Wissenschaftler auf ihre Profile hochladen (sofern diese öffentlich sind) ist im Sinne der Open Science Idee – so wie Open Source für die Wissenschaft – für jeden zu sehen.
Das bedeutet auch, dass mein ResearchGate Profil zu einer Resource für potenzielle Arbeitgeber wird. Sie können sich hier einen Eindruck von meiner Forschung verschaffen und ich kann diesen Eindruck mit dem gestalten, was ich auf meinem Profil zeige. Außerdem annoncieren viele Forschungseinrichtungen und Unternehmen ihre offenen Stellen bei ResearchGate. Hier bekomme ich als Wissenschaftler Annoncen zu sehen, die genau auf meine Fähigkeiten zugeschnitten sind. Die Chance den perfekten Job zu finden, oder für diesen Job gefunden zu werden, sind also hoch!
Angezeigt wird ebenfalls der für Wissenschaftler wichtige ImpactFaktor, der den Einfluss einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift wiedergibt. Gleichzeitig werden auf der rechten Seite die Co-Autoren angezeigt. Ähnlich wie bei LinkedIn lassen sich auch bei ReseachGate die Qualifikationen und Fähigkeiten bestätigen.
Wer zudem auf „View Stats“ klickt, kann sich genau anschauen, wie oft Artikel dieses Wissenschaftlers gelesen werden und zwar je nachdem, ob
- die Zusammenfassung gelesen,
- der Artikel online gelesen
- oder sogar heruntergeladen wurde.
Auf der Statistikseite wird auch angezeigt, welche die meist gelesenen Publikationen sind, aus welchen Ländern und von welchen Instituten die Leser kommen.
Auch wie oft ein Profil angeschaut wurde, kann man hier sehen und von welcher Einrichtung und aus welchem Land die Benutzer kamen. Alles ist sehr übersichtlich und grafisch ansprechend aufbereitet, ohne durch zu viele Details abzulenken.
Der (wissenschaftliche) Lebenslauf
Unter dem Punkt „Info“ verbirgt sich der Lebenslauf mit der Darstellung der Fähigkeiten und Qualifikationen („Skills and Expertise“), die von anderen Mitgliedern bestätigt werden können. Dazu kommen die Themen („Topics“), mit denen sich ein Mitglied beschäftigt. Direkt auf dem Profil lässt sich auch ersehen, mit welchen Wissenschaftlern ein Mitglied zusammenarbeitet.
An prominenter Stelle kann ein Wissenschaftler, eine Wissenschaftlerin zudem auf eine eigene Website oder ein Profil auf Hochschulseiten bzw. bei einem Unternehmen verweisen.
Aktivität bei Researchgate zahlt sich aus
Wie auch bei anderen Netzwerken – unabhängig davon, ob virtuell, ob wissenschaftlich oder von Mensch zu Mensch – zahlt sich Engagement auf lange Sicht aus. Auch Dr. Ijad Madisch, Gründer von ResearchGate in Berlin, betont, dass sich diese Vorgehensweise besonders bewährt hat:
Egal ob man sich vernetzen möchte, anderen einen Einblick in die eigene Forschung verschaffen möchte, oder gerne spannende Forschung anderer lesen möchte – wichtig dafür ist ein möglichst detailliertes Profil in dem man seine Fähigkeiten beschreibt und, wenn vorhanden, seine Publikationen auflistet. Denn auf diesen Informationen basierend kann ResearchGate Vorschläge machen, etwa für interessante Artikel und Wissenschaftler, denen es sich lohnt zu folgen, oder eben für den Traumjob. Auf der anderen Seite ist ein umfassendes Profil natürlich auch für potenzielle Arbeitgeber interessant.
Die Idee des Startups
Gegründet wurde ResearchGate im Jahr 2008 von den Wissenschaftlern Dr. Ijad Madisch, Dr. Sören Hofmayer und dem Informatiker Horst Fickenscher. Die Idee entstand aus dem Bedürfnis heraus, Wissenschaftler mit Wissenschaftlern auf der ganzen Welt zu verbinden. Mittlerweile hat die Plattform mehr als acht Millionen Mitglieder. Für diese lohnt sich eine Mitgliedschaft nicht nur wegen des Austauschs mit anderen Wissenschaftlern, sondern auch durch die Jobangebote, die jedem Mitglied gezielt in sein Profil gespielt werden.
Geld verdient ResearchGate zum einen mit dem Schalten von Jobanzeigen, der eigentliche Recruiter-Zugang ist frei. In nächster Zeit plant das Unternehmen zudem einen Marktplatz für Konferenzen, weitere Projekte sind in Vorbereitung.
Verteilt sind die Fachrichtungen ähnlich wie im wirklichen Leben. Das heißt, es finden sich sehr viele Naturwissenschaftler und Naturwissenschaftlerinnen auf der Plattform. Aber auch Wirtschafts- und Geisteswissenschaftler sind auf ResearchGate vertreten.
Weitere Funktionen bei Researchgate
Auch ohne Zugang zu den Profilen auf Researchgate.net lassen sich interessante Informationen auf der Seite finden. Im Bereich Q&A (Questions & Answers) werden Fragen und Antworten aus dem Mitgliederbereich veröffentlicht. So lassen sich – in englischer Sprache – viele aktuelle Fragestellungen und zumindest schon einmal Lösungsansätze und Tipps finden.
Für eine erste Recherche zu einem Thema, egal ob als Student oder Absolventen für eine Facharbeit oder auch als Journalist, sehr interessant.
Ebensfalls interessant ist der Bereich „Publications“, in dem die neuesten Publikationen der Mitglieder angezeigt werden. Und wer aktuell auf Jobsuche ist, kann sich hier zum Beispiel die aktuellen Jobs aus Deutschland im wissenschaftlichen Bereich anzeigen lassen.
Bücher und Links:
- Einen super Überblick über die verschiedenen Online-Netzwerke für Wissenschaftler wie Researchgate, Academia.edu und Labroots gibt es auf der Wissenschafts-Website wissenschafts-thurm.de
- Bei einem Science Slam können Sie Ihre wissenschaftlichen Ergebnisse einem großen Publikum vorstellen – auch eine Möglichkeit des Netzwerkens!
- Karin Bodewits, Andrea Hauk, Philipp Gramlich: Karriereführer für Naturwissenschaftlerinnen. Erfolgreich im Berufsleben. Wiley-VCH 2015.