Als das Telefon klingelt, sitzt Katrin Hansen von Fachzeitschriften umgeben am Küchentisch und recherchiert für ein Buchkapitel. Blitzschnell schaltet sie auf das Interview um – und erklärt, wieso die Geschlechterfrage im Ausland oft in den Hintergrund tritt und was ein Gästezimmer mit der Karriere zu tun hat.
Frau Hansen, wer Karriere machen will, soll seine Netzwerke pflegen. Wie mache ich das, wenn ich nach Dubai gezogen bin? Heutzutage natürlich über das Internet. Da kann man auch skypen, so dass man sich auch sieht. Und man fliegt hin und her. Und zwar nicht nur Sie. Wenn Sie in Dubai sind, freuen sich sicherlich viele Leute, wenn sie vorbeikommen dürfen. Persönlich einzuladen, am besten ein Gästezimmer zu haben, halte ich für ein ganz wichtiges Thema.
Auch in beruflicher Hinsicht? Ja. Man kann Kolleginnen und Kollegen zu sich nach Hause einladen oder ein Hotel empfehlen und sich dann um den Besuch kümmern. Außerdem finden ja weltweit Konferenzen und Messen statt. Dazu sollte man sich vorher mit Kolleginnen und Kollegen zu konkreten Treffen verabreden. Es gibt in der Personalentwicklung auch Foren, wo gezielt Menschen aus Projekten in verschiedenen Ländern zusammengebracht werden. So etwas muss man suchen und beibehalten. Man darf nicht sagen: Ich habe so viel Tagesgeschäft, ich kann jetzt nicht noch an einem internationalen Projekt teilnehmen.
Was macht einen Auslandseinsatz erfolgreich? Sie sollen dabei etwas lernen. Erstens sollten Sie sich selber besser kennen lernen. Zweitens Strategien entwickeln, in einem neuen Umfeld erfolgreich zu arbeiten und sich dabei wohlzufühlen. Und drittens sollen Sie das nicht nur alleine tun, sondern auch Beziehungen zu interessanten Menschen aufbauen.
Gibt es kulturelle Reibungspunkte, die immer auftreten, oder ist das vom jeweiligen Land abhängig? Das hängt nicht nur vom Land, sondern auch vom Menschen ab. Überall kann aber zum Beispiel die Sprache zum Kulturschock führen: Plötzlich hat man ein Sprachniveau, das den eigenen Intellekt gar nicht widerspiegelt. Dann kommt man sich einfach dumm vor. Sprache und neue Spielregeln können es auch erschweren, sich sozialkompetent darzustellen. Denken Sie an das Beispiel Humor: Zu Hause wissen Sie, mit welchem Witz Sie punkten können. Woanders ist das vielleicht unverständlich oder peinlich, alle sind entsetzt, keiner lacht. Das ist Kulturschock.
Stimmt es, dass spätestens nach drei Monaten im Ausland eine Stressphase einsetzt, die sehr viel mit dem Kulturschock zu tun hat? Ja, meistens. Aber das kann auch erst nach bis zu einem Jahr passieren. Deshalb soll man mindestens ein halbes Jahr im Ausland bleiben, möglichst ein Jahr. Denn dann hat man gute Chancen, den Kulturschock nicht nur zu bekommen, sondern ihn auch zu verarbeiten.
Kann ein Auslandsjob auch später noch Nachteile haben? Ja. Der erste Nachteil ist ein sehr persönlicher: Partnerschaften überdauern ihn nicht unbedingt. Das kann passieren, wenn man zu lange getrennt war. Häufig ist aber etwas anderes der Fall: Einer der Partner entwickelt sich im Ausland ganz anders. Auch wenn Sie gemeinsam umgezogen sind, kann die Erlebniswelt durch einen Auslandsaufenthalt stark auseinandergezogen werden. Die zweite Gefahr ist, dass man sich dem eigenen Land entwöhnt. Besonders wenn der Auslandseinsatz mit einer starken Verbesserung des Lebensstils verbunden ist und man sich etwas angewöhnt, das man sich zu Hause nicht mehr leisten kann. Ein weiterer Punkt ist das Thema Gesundheit: Hygiene und medizinische Versorgung sind im Ausland nicht unbedingt auf dem Niveau, das man in Deutschland gewohnt ist.
Wo müssen Frauen ganz besonders mit Problemen im Beruf rechnen? Der Witz ist, dass viele Frauen berichten: Der eigentliche Härtetest ist Deutschland. Frauen werden in anderen Ländern eher als Führungskraft akzeptiert. Das relativ hohe Emanzipationsniveau, das man aus Deutschland mitbringt, kann bei entsprechend forschem Auftreten allerdings in manchen Ländern zu Irritationen führen.
Wie sieht es denn aus, wenn eine deutsche Frau nach Arabien geht? Da habe ich in meinem eigenen Berufsleben sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Ich habe zum Beispiel als Vize-Präsidentin meine Hochschule in Tunesien vertreten, das war überhaupt kein Problem. In ländlichen Gebieten waren die Menschen dennoch erstaunt, dass ich als Frau allein mit dem Auto fahre. Doch das Geschlecht steht beim Auslandseinsatz gar nicht unbedingt im Vordergrund. In vielen Ländern sind Sie primär die Ausländerin und die Chefin und erst sekundär eine Frau. Die Probleme, die einheimische Frauen mit der Emanzipation haben, bekommen Sie als Ausländerin dann gar nicht so zu spüren.