Paul Weißhaar: „Status ist eine Frage der Motivation“

Paul Weißhaar kennt das Thema Change aus dem Effeff. Er leitet eine Consulting-Firma, die Veränderungen in Unternehmen implementiert und blickt dabei stets hinter die Kulissen. Sein Fokus: Mitarbeitende von Beginn an in Transformationsprozesse einzubinden und Führungskräfte darin zu schulen, angepasst zu führen. ikonist:a steht er zum Thema Veränderungen von Statussymbolen Rede und Antwort und erklärt, warum die Motivation von Menschen dabei eine führende Rolle einnimmt.

Du bewegst dich mit deiner Arbeit viel im Umfeld großer Konzerne und deren Transformationsprozessen. Kannst du dort einen Change in Bezug auf Statussymbole feststellen?

Menschen in Unternehmen sind ja Teil unserer Gesellschaft. Also ja, wie überall, beobachte ich auch in Unternehmen einen Wandel bei den Statussymbolen. War es früher eher das Eckbüro mit Blick über Elbe, Isar oder Rhein, spielt heute beispielsweise die Chance darauf, im Homeoffice oder sogar am Strand arbeiten zu können, eine große Rolle. Ich sehe viel mehr Lifestyle-Themen, die sich auch in der Arbeitsweise von Unternehmen widerspiegeln.

Da örtliche Unabhängigkeit aber nicht in allen Jobs möglich ist, haben viele die Corona-Krise genutzt, um umzuschulen. Ein:e Flugzeugmechaniker:in muss vor Ort sein, aber ein: Softwareentwickler:in kann auch am Laptop aus dem Coworking-Space auf Bali oder auf Hawaii am Strand noch einen richtig guten Job machen, wenn die Internetverbindung stabil steht. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen und immer wieder neue Talente in die Unternehmen zu holen, kann die Firmenleitung solche Trends nicht ignorieren.

Das klingt vor allem nach Freiheit. Ist sie ein neues Statussymbol?

Generell haben Freiheit und Zeit in den letzten Jahren einen Statusaufschwung erlebt. Beides nicht ganz neu, aber immer mehr Menschen priorisieren sie. Der Spruch „Zeit ist Geld“ zeigt die Verbindung zwischen diesen beiden wertvollen Ressourcen. Wenn du dir Zeit nehmen möchtest für Dinge, die dir wichtig sind, dir aber kein Geld bringen oder die vielleicht sogar Geld kosten, musst du trotzdem für deinen Lebensunterhalt sorgen.

Du brauchst also entweder ein passives Einkommen, du lebst eine Zeit lang von deinem Ersparten oder du hast, wie nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung, bereits auf andere Weise finanzielle Freiheit erlangt. Am Ende müssen wir alle für unsere freie Zeit bezahlen – somit ist sie ein Statussymbol. Ebenso wie die Freiheit, ohne finanziellen Druck, tun und lassen zu können, was du willst. Es ist ein Traum von vielen, so zu leben. Instagram und andere soziale Medien sind ja voll von Beispielen, die zeigen oder auch nur vorgaukeln, dass es funktioniert.

Wenn ich mir deinen Instagram-Kanal anschaue, setzt du in der Außenkommunikation sehr auf „klassische“ Statussymbole wie Rolex, Champagner oder Flüge in der Business Class. Warum?

Ja, tatsächlich. Der Kanal befindet sich auch mal wieder in der Überarbeitung, um das Thema Macht und Status sogar noch deutlicher zu kommunizieren. Um deine Frage nach dem Warum zu beantworten, muss ich etwas weiter ausholen und einen kleinen Ausflug in die Motivationspsychologie unternehmen. Denn Status ist eine Frage der Motivation.

Dass es überhaupt Statussymbole gibt, hat mit den menschlichen Grundmotiven zu tun – die Motivation, die wir Menschen in uns tragen. Ich beziehe mich hier auf die Arbeit von Dr. Andreas Huber – der die Motiv Struktur Analyse (MSA®) entwickelt hat. Laut Huber hat jeder Mensch insgesamt 18 Motive mit bipolarer Ausprägung. Je nachdem wie stark unsere Ausprägung zu einem bestimmten Pol tendiert, desto stärker fühlen wir uns dazu motiviert, nach unserem Naturell zu handeln.

Heutzutage trägt niemand eine Rolex, weil er auf ihr so genau die Uhrzeit ablesen kann. Die kann jedes Handy genauer anzeigen.

Paul Weißhaar

Eines dieser Motive lautet „Status“ und bewegt sich zwischen den Polen „elitär“ und „bodenständig“. Menschen mit einer starken elitären Ausprägung, sehen die Welt als eine Pyramide. Ich überspitze jetzt etwas, um das Thema zu verdeutlichen. Mit diesem Weltbild erkennen wir ganz oben etwa zwei Prozent der Weltbevölkerung. Das sind die „Reichen und Schönen“ mit unendlich vielen Ressourcen. Danach geht es Stufe für Stufe nach unten bis zu der armen Masse. Wer elitäre Tendenzen besitzt, verfügt über einen starken Antrieb, diese Pyramide ganz nach oben zu steigen – egal, von welcher Stufe aus – und schaut eher mitleidig nach unten.

Mir ist sofort aufgefallen, dass du auch heute eine Rolex trägst. Heißt das, du hast eine starke Ausprägung in Richtung „elitär“?

So könnte man das sagen. (lacht) Meine Ausprägung in Richtung elitär liegt bei 98 Prozent. Ich genieße meinen Status und zeige gern, wenn ich einen weiteren Schritt nach oben geschafft habe. Auf jeder Stufe wartet die Belohnung, der Welt zu zeigen, wo ich gerade stehe. Es geht dabei aber weniger ums Angeben. Ich zeige meine Erfolge stolz in den sozialen Medien, weil bei mir zusätzlich auch noch das Motiv „Macht“ stark ausschlägt.

Für elitär Motivierte sind Statussymbole ein Haupttreiber für den schnellen Aufstieg. Solchen Menschen fällt es schwer in Organisationen zu arbeiten, in denen alle gleichgestellt sind.

Paul Weißhaar

Ich habe Freude daran, Menschen zu beeinflussen, sie zu führen, zu motivieren und ihnen bei ihrer persönlichen Weiterentwicklung zu helfen. Das ist der Grund, warum ich überhaupt angefangen habe, mich dem Thema Motive anzunehmen. Wer sie kennt, besitzt ein kraftvolles Werkzeug im Umgang mit anderen und kann sich und andere besser führen. Ich arbeite sehr gern mit elitären Menschen, weil sie nach vorne schauen und Gas geben. Meine Statussymbole zur Schau zu stellen, nutze ich als Trigger, um Gleichgesinnte anzuziehen. Es ist kein Zufall, dass viele meiner Kund:innen eine ähnliche Prägung haben. Heutzutage trägt aber auch niemand eine Rolex, weil er auf ihr so genau die Uhrzeit ablesen kann. Die kann jedes Handy genauer anzeigen.

Die Bedeutung von Statussymbolen und ihre Auswahl ist also eher eine Typfrage? Oder ist sie abhängig vom Umfeld?

Ganz eindeutig eine Typfrage. Es gibt Menschen mit einer stärkeren Ausprägung in Richtung „bodenständig“. Sie haben eine komplett andere Sicht auf die Welt. Sie erkennen Statussymbole oft nicht einmal oder sie sind ihnen komplett egal. Bodenständigen Menschen würde meine Internetpräsenz eher protzig und unangenehm erscheinen. Da wird auch das Umfeld wenig Einfluss haben. Über kurz oder lang wird sich ein authentisch selbstsicherer Mensch auch ein Umfeld suchen, in das er gut oder besser passt. Mir sind beispielsweise viele Instagram-Follower:innen wieder entfolgt, seit ich das Thema Status mehr fokussiere.

Welche Rolle spielen Statussymbole in Bezug auf Erfolg und Karriere?

Für elitär Motivierte sind Statussymbole ein Haupttreiber für den schnellen Aufstieg. Solchen Menschen fällt es schwer in Organisationen zu arbeiten, in denen alle gleichgestellt sind. Sie fragen sich: Wenn es keine Sonderkonditionen dafür gibt, dass ich mehr Verantwortung übernehme, warum soll ich dann mehr tun als andere? Mehr Geld allein wird hier übrigens nur kurzfristig motivieren. Elitäre Menschen hätten gern ein eigenes Büro, einen schicken Firmenwagen oder einen Privatparkplatz, um sich von der Masse abzuheben. 

Bill Gates oder Mark Zuckerberg: Sie sind industrielle Rockstars und Legenden und bezahlen dafür, ihre Ruhe zu haben.

Paul Weißhaar

Heißt im Umkehrschluss, dass statusorientiere Menschen Unternehmen mit guten Aufstiegschancen und viel Wertschätzung brauchen. Dann laufen sie zur Höchstform auf und leisten schier Übermenschliches. Ein agiles Umfeld, das die Idee transportiert, dass alle ungefähr gleichgestellt sind, ist viel weniger geeignet. Darin muss der Statusmensch genau über die Rollenbeschreibungen informiert werden, um zu erkennen, wo hier sein Platz und auch seine Aufstiegsmöglichkeiten sein könnten.

Ich stell mir das ganz schön anstrengend vor, immer nach Höherem zu streben. Ist das eher ein Thema für die Jungen und dieses Statusdenken verändert sich im Laufe einer Karriere und eines Lebens?

Das hängt ganz von der Stufe ab, auf der sie sich befinden. Elitär motivierte Menschen brauchen Statussymbole nur so lange sie ihnen einen Nutzen bringen. Schauen wir uns zum Beispiel Persönlichkeiten wie Mark Zuckerberg oder Bill Gates an. Sie setzen auf gezieltes Understatement. Ich kann mich nicht an ein Bild erinnern, auf dem einer der beiden mit einer Rolex oder einem Luxusauto zu sehen ist. Die Reise im Privatjet hat eher praktische Gründe und gibt ihnen die Privatsphäre, die in der Öffentlichkeit nicht gegeben wäre.

Heißt das jetzt, sie sind nicht elitär? Wohl kaum. Sie sind einfach im Endstadium ihrer elitären Entwicklung angekommen. Sie sind selbst zum Statussymbol geworden – eine Personenmarke ohne Konkurrenz. Jeder erkennt sie auf der Straße. Viele wollen ein Autogramm. Sie sind industrielle Rockstars und Legenden und bezahlen dafür, ihre Ruhe zu haben.

Müssen Führungskräfte und Unternehmen ein Bewusstsein dafür entwickeln, was für die eigenen Mitarbeiter:innen wichtig ist und sollten alle die gleichen Privilegien bekommen?

Zum ersten Teil: Absolut! Meine These ist ja, dass sich eine gute Führungskraft in der Kommunikation auf die Menschen im Team individuell anpassen muss. Wir Menschen sind alle so einzigartig wie unser Fingerabdruck. Deshalb treiben uns auch unterschiedliche Dinge an. Das Gießkannenprinzip funktioniert daher nicht. Eine Führungskraft sollte wissen, was seine Mitarbeiter:innen antreibt und diese Antriebsenergie nutzen. Der Erfolg setzt dann schon fast automatisch ein. 

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