Ein Gastbeitrag von Rechtsanwältin Nina Diercks, Anwaltskanzlei Diercks und Herausgeberin des Social Media Recht Blog . In unserer Reihe beantwortet sie Rechtsfragen rund ums Netzwerken., diesmal geht es um das Thema Impressumspflicht. Wer Nina Diercks kennt, weiß, dass auf einmal trockene Rechtsthemen ganz schön spannend werden:
Am wichtigsten ist es hier, dem Irrglauben abzuschwören, ein Zitat sei schon dann ein Zitat, wenn nur die Quelle dran geschrieben würde. Dem ist nicht so. Vielmehr hat ein rechtmäßiges Zitat die folgenden fünf Voraussetzungen:
1. Ein Zitat ist nur der Teil eines Textes
Auch wenn es immer wieder zu sehen ist, es ist nicht zulässig, einen ganzen Blogbeitrag zu kopieren, auf die eigene Website oder den eigenen Blog zu stellen und unter Nennung des Autors zu „zitieren“. Für ein Zitat dürfen nämlich nur „Stellen eines Werkes“, also Teile eines Textes, beansprucht werden. Dieser verwendete Teil muss darüber hinaus noch über die sogenannte Belegfunktion verfügen, das heißt die eigenen Gedanken und Ausführungen müssen durch das Zitat gestützt werden oder sich eben konkret mit diesem Zitat auseinandersetzen.
Doch was heißt das im Übrigen? Klare Richtlinien wie „Ein Satz ist erlaubt, drei aber nicht“ gibt es hier nicht. Der Bundesgerichtshof stellt sogar klar: „Arithmetische Maßstäbe verbieten sich“ (BGHZ 28 234/242). Es kommt also – wie so oft – auf den Einzelfall an. Beurteilungskriterien sind hierbei das Verhältnis von zitiertem und neuem Text sowie der Zitatzweck.
Jedenfalls „dürfen [Zitate] aber nicht ein derartiges Ausmaß erreichen, dass sie nicht mehr lediglich eine in dem zitierenden Werk vertretene Ansicht stützen, sondern dieses Werk über weite Strecken selbstständig tragen.” (BGH, GRUR 1982, 37 [40] – WK-Dokumentation). Anders ausgedrückt: Wenn das „Zitat“ keinen eigenen Gedanken (mehr) untermauert, sondern mehr oder minder den eigentlichen Textbeitrag darstellt, dann ist es an der Zeit, den eigenen Text zu überdenken.
2. Ein Zitat wird in einen eigenen Text eingebunden
Ein Zitat, also der vorgenannte Textausschnitt, darf nur in einen selbstständigen eigenen, im Sinne des UrhG schutzfähigen, Text eingebettet sein. Der Hintergrund hierfür ist, dass das Zitatrecht das geistige Schaffen fördern und deswegen nur demjenigen zur Verfügung stehen soll, der selbst eine persönliche geistige Schöpfung zustande bringt (Schricker – UrhG, 4. Auflage 2010, Schricker/Spindler, § 51, Rn. 20).
Auch deswegen ist es nicht möglich, den eigenen Blog durch „Copy + Paste“ eines fremden Artikels und der Nennung des Autors „aufzuhübschen“ und das Ganze mit dem Zitatrecht zu rechtfertigen. Ebenso wenig ist es im Sinne des Zitatrechts möglich, verschiedene Textausschnitte schlicht neu auszuwählen und anzuordnen, um daraus mit Hilfe von Textverbindungen einen „neues“ Werk zu kreiieren.
Zwar kann so unter Umständen ein eigenes Werk geschaffen werden, es fehlt jedoch die Unabhängigkeit vom Zitatstoff im Ganzen. (vgl. Schricker – UrhG, 4. Auflage 2010, Schricker/Spindler, § 51, Rn. 22). Vereinfacht gesagt: Vermeiden Sie den „Aufguss“ von vorhandenen Texten.
3. Ein Zitat wird nach außen kenntlich gemacht
Wie heißt es im Kommentar sehr schön dazu: „Zum Wesen des Zitats gehört zunächst, dass es nicht ununterscheidbar in das zitierende Werk integriert, sondern als fremde Zutat ersichtlich gemacht wird.“ (Schricker – UrhG, 4. Auflage 2010, Schricker/Spindler, § 51, Rn. 15, mwN). Ergo sollte das Zitat durch kursive Schriftsetzung oder Anführungsstriche oder ähnliches vom sonstigen Text abgesetzt sein.
4. Ein Zitat wird nicht unnötig verändert
Ob und inwieweit Änderungen am Zitat, wie Kürzungen, Erweiterungen oder Übersetzungen zulässig sind,, bestimmt sich wiederum nach dem Zitatzweck. Der gesunde Menschenverstand ist hier jedoch ebenso ein guter Ratgeber wie bei der Frage nach der so genannten Entstellung: Ein an sich korrektes Zitat darf nämlich nicht derart aus dem Kontext gerissen wiedergegeben werden, dass es einen völlig anderen Sinn bekommt.
5. Nennung des Urhebers
Nennen Sie den Urheber und die Quelle: Für ein rechtmäßiges Zitat ist immer der Urheber zu benennen. Und zwar unmittelbar am verwendeten Textstück, nebst originärer Quelle. Dies kann im Text selbst, als Einschub in Klammern, per Fußnote oder im Internet via Link, geschehen.
Wenn Sie Ihren Text und Ihre Zitate auf diese fünf Punkte hin mit dem eben schon genannten Verstand abklopfen, dann sollte beim Zitieren eigentlich nichts schief gehen.
Last but not least, möchte ich noch mit einen weiteren Irrglauben aufräumen: Dem des Bildzitats. Ein Bildzitat ist nur unter sehr, sehr engen Voraussetzungen möglich. Ein Bildzitat hat zur Voraussetzung, dass sich wirklich konkret mit dem Bild selbst inhaltlich auseinandergesetzt wird. Das ist so gut wie nie der Fall. Sie dürfen Bilder nie „zitieren“, um damit Ihren Blog „aufzuhübschen“ oder ähnliches. Das ist kein vom Gesetz gedeckter Zitatzweck und damit ist dann die Verwendung des Bildes eine Urheberrechtsverletzung. Merken Sie sich der Einfachheit halber: Es gibt kein Bildzitat.
So, nun sollte das mit dem Zitieren wirklich nicht mehr schiefgehen.
Nina Diercks, MLitt (University of Aberdeen) ist Rechtsanwältin und Partnerin der Anwaltskanzlei Diercks in Hamburg und Gründerin wie Autorin des Social Media Recht Blog. In ihrer täglichen Arbeit beschäftigt sie sich mit all den juristischen Fragen, denen Unternehmen in der digitalen Welt begegnen. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Beratung und Vertragsgestaltung.
Bild: knallgrün/photocase.de