Sind Frauen besser in der Kommunikation? Sachlicher, herzlicher, weniger direkt? Inga Höltmann hat ihre eigenen Erfahrungen in reinen Frauenteams gemacht – und ihre ganz eigenen Schlüsse gezogen:
Vor drei Jahren gründete ich mit drei Mitstreiterinnen ein Online-Magazin. Zwei intensive Jahre arbeiteten wir miteinander an diesem Projekt. Doch wir arbeiteten nicht nur inhaltlich an dem Magazin – wir lernten auch, miteinander in einem reinen Frauenteam zu arbeiten, uns zu organisieren und zu kritisieren. Das Magazin gibt es mittlerweile nicht mehr, doch auch heute arbeite ich zum Teil noch in reinen Frauenteams – wie bei den #DMW (Digital Media Women e.V.) zum Beispiel.
In Teams zu arbeiten, bedeutet nicht nur, sich über die anstehenden Aufgaben zu verständigen und sie zu verteilen. Es ist auch fortwährende Kommunikation über das “wie”: Wie wollen wir es machen? Wie ist es richtig? Das gilt für weibliche und natürlich für gemischte Teams ganz genauso. Ich habe in den vergangenen Jahren aber auch einiges darüber gelernt, wie Kolleginnen miteinander kommunizieren.
1. Sag, was Du denkst
Wenn man miteinander redet, kann das zwei Funktionen erfüllen:
- Es kann einerseits um die Sache gehen, darum, etwas gemeinsam aus der Welt zu schaffen. Wir haben einen Konflikt, einen Streit, eine Meinungsverschiedenheit? Lass es uns klären. Meiner Erfahrung nach ist es gerade Frauen oft sehr wichtig, solche Dinge zu klären, weil sie viel stärker wahrnehmen, wenn etwas noch vor sich hingärt. Sie reagieren sensibler auf Verstimmungen und es fällt ihnen oft schwerer, Konflikte zu ignorieren.
- Es kann andererseits aber auch darum gehen, mit dem Gespräch dem Bedürfnis nach einer funktionierenden Beziehung nachzukommen. Das ist der Grund, weshalb Frauen stundenlang über eine Kleinigkeit reden können: Sie brauchen nicht Stunden, um diese Kleinigkeit zu klären, nein, sie reden so lange miteinander, weil sie das Thema zum Anlass nehmen, an ihrer Beziehung zu bauen. Sie zeigen sich damit, dass sie sich schätzen und dass sie sich vertrauen. Sie lernen sich bei solchen Gesprächen kennen, erfahren, wie die andere tickt. Das ist mindestens ebenso wichtig wie das Thema selbst.
Deshalb: Reden! Sprecht an, was Euch beschäftigt. Auch wenn es nur um ein „das hat sich für mich seltsam angefühlt“ geht – so etwas sollte in sozialen Beziehungen immer seinen Platz haben, ob im Privaten oder bei der Arbeit.
2. Sag auf keinen Fall, was Du denkst
Manchmal, wenn ich mir wegen eines Konfliktes oder eines Problems Rat hole, werde ich gefragt: “Aber warum sagst Du ihr das nicht einfach? Wieso sprecht ihr nicht einfach darüber?” Gerade weil Frauen so sensibel reagieren, gerade weil bei ihnen auch bei Sachgesprächen die gemeinsame Beziehungsebene so stark mitschwingt, überlegen sie sich meistens ziemlich genau, ob sie einen Konflikt eskalieren, wenn sie versuchen, ihn zu klären.
Denn einen Konflikt anzusprechen, bedeutet auch immer, ihn zu manifestieren. Ein Problem zu äußern, heißt zuallererst: Ich sage Dir, dass wir ein Problem haben.
Damit wird die Kommunikation ein fortwährendes Abwägen zwischen den verschiedenen Bedürfnissen: Wie viel wiegt mein eigenes Bedürfnis, sagen zu dürfen, dass ich etwas nicht gut umgesetzt fand oder dass mich etwas verletzt hat? Und wie schwer wiegt das Recht meiner Kollegin, Fehler machen zu dürfen? Jeder tut das, ich auch. Möchte ich auf jede Kleinigkeit hingewiesen werden? Ganz sicher nicht.
Sich wegen jedem Kleinkram anzugehen, ist also absolut kontraproduktiv. Deshalb: Bloß die Klappe halten! Und die Dinge einfach mal locker aus der Hüfte laufen lassen, ohne sie großartig zu problematisieren.
Und woher weiß man, welche der beiden Strategien in der konkreten Situation die richtige ist? Das weiß ich auch nicht. Aber ich versuche fortwährend, das herauszufinden, bin permanent dabei, dieses Spannungsfeld auszuloten. Aber wenn ich die Weltformel der Kommunikation herausgefunden habe, werde ich sie aufschreiben. Versprochen.
Bild: go2/photocase.de