Mit Frau Dr. zum Erfolg: Dann aber ohne Kinder?

Naturwissenschaftlerinnen bekommen gerne Kinder, nur in Deutschland nicht! Hierzulande haben wir es ja eh nicht so mit dem Reproduzieren, wie man an der sehr niedrigen Geburtenrate sehen kann. Während aber in anderen europäischen Ländern die Geburtenrate der Naturwissenschaftlerinnen höher liegt als im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung, ist es in Deutschland umgekehrt.

Karin Bodewits, Biochemikerin und Autorin des Buches „Karriereführer für Naturwissenschaftlerinnen – Erfolgreich im Berufsleben“, Seminarleiterin und Mitgründerin von ScienceMums und NaturalScience.Careers, kennt sich mit den Bedingungen für Naturwissenschaftlerinnen zur Vereinbarung von Familie und Beruf aus. In ihrem Gastbeitrag erklärt sie, warum es damit nicht so leicht ist.

Warum ist das eigentlich so? Fühlen sich deutsche Männer weniger stark von Frauen im Laborkittel angezogen? Investieren deutsche Wissenschaftlerinnen bereits all ihre Leidenschaft in die Bakterien am Meeresgrund, die sie intensiv studieren? So intensiv, dass es in ihrem Herzen keinen Platz mehr für Kinder gibt? Oder ist es für diese Berufsgruppe besonders schwierig, Kinder und Karriere miteinander zu vereinbaren? Und wenn das so ist, was ist die besondere Herausforderung für Naturwissenschaftlerinnen?

Rollenbilder von Männern und Frauen

Klar, für alle Frauen (und Männer) in Deutschland ist es eine Herausforderung, in einem Land zu leben, das sich in einem politischen und gesellschaftlichen Spagat befindet, wenn es um die Rollenbilder von Männern und Frauen geht: Auf der einen Seite das romantische, westdeutsche Rollenbild der 50-er Jahre, auf der anderen die Erwartung an Frauen sich weiter zu entwickeln und sich beruflich zu etablieren – mit Nachwuchs genauso wie ohne.

Das führt nicht nur innerhalb vieler Freundeskreise zu Missverständnissen, sondern auch in der Arbeitswelt. Für Naturwissenschaftlerinnen, kommen noch einige besondere Herausforderungen dazu:

1. Lange Ausbildung für Naturwissenschaftlerinnen

Studium und Promotion – gerade in den von Frauen dominierten Lebenswissenschaften fast ein Muss – dauern im Schnitt knapp zehn Jahre. Die berufliche Laufbahn fängt also erst um die Dreißig an, im Gegensatz zu den meisten anderen Fachgebieten, wo das schon mit Mitte Zwanzig der Fall ist.

Wissenschaftlerinnen sind also in der Lebensphase, in der die meisten Frauen Kinder bekommen, beruflich noch lange nicht etabliert. Und an diese lange Ausbildung schließt sich insbesondere an den Hochschulen meist erst noch ein PingPong-Spiel zwischen einer Vielzahl an befristeten Verträgen an – eine berufliche Unsicherheit, die viele Frauen nervös macht.

Und: Wie alt ist Frau Dr. jetzt?

2. Kompetitives Arbeitsgebiet und ein traditioneller Arbeitsmarkt

Naturwissenschaften, und hierbei insbesondere Biologie und Chemie, sind sehr kompetitive Fachgebiete. Konkurrenz gibt es genug, die Studentenzahlen haben sich in den letzten zehn bis 15 Jahren verdoppelt oder gar verdreifacht.

Arbeitgeber können also aus einer großen Anzahl an gut qualifizierten Bewerbern wählen. Müttern kann es da schwer fallen, beruflich Fuß zu fassen. Darüber hinaus ist der Arbeitsmarkt in den Naturwissenschaften relativ traditionell, Vollzeitanstellungen sind nach wie vor die Norm. Flexible Arbeitszeiten und Home Office sind vielerorts noch nicht etabliert. Lange Stunden körperlicher Anwesenheit werden noch oft als Maß für Produktivität und Loyalität genommen, unabhängig von den tatsächlichen Ergebnissen – Bedingungen, die gerade für Doppelverdienerpaare mit Kindern schwierig sind.

3. Schutzvorschriften

Wir verstehen das ja, man will ja kein Risiko bei einem ungeborenen Kind eingehen! Das Arbeiten in den meisten Laboren und in gefährlicher Umgebung wird den Schwangeren mit Blick auf den Nachwuchs untersagt, sobald sie von ihrer Schwangerschaft wissen. Das bedeutet aber leider, dass sich die (künftigen) Mütter das Geschehen am Arbeitsmarkt eine ganze Zeit lang von der Seitenlinie betrachten müssen. Dazu kommen noch die Schwierigkeiten, ein Kind während des ersten Jahres betreuen zu lassen, und violá, da ist der Karriereknick.

Vielleicht sind es diese schwerwiegenden praktischen Gründe, dass Frau Dr. kinderlos bleibt? Oder müssen wir diese Laborkittel doch endlich auch mal in sexy herstellen?

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