Sabbatical: Ein Makel im Lebenslauf?

Viele Führungskräfte würden wohl zustimmen, dass ein Sabbatical häufig als „Lücke“ im Lebenslauf betrachtet wird. Im schlimmsten Fall befürchten sie, von Personalverantwortlichen oder Unternehmensleiter:innen als „kein echter Manager“ angesehen zu werden. Aber immer mehr Unternehmen verstehen auch, dass das Angebot von Sabbaticals ein Instrument im Kampf um junge Talente und Fachkräfte sein kann. Dir gefällt die Vorstellung einer längeren Auszeit? Unsere Gastautorin Nane Nebel weiß, was du beim Thema Sabbatical beachten solltest.

Zeit ist Macht: Sabbatical als neuer Standard?

Es zeichnet sich eine Tendenz ab: Vor allem nachfolgende Generationen fordern mehr Zeit ein. Mehr Zeit für die Familie, für die persönliche Entwicklung oder für das Ehrenamt. Und im Hinblick auf den Fachkräftemangel und die sich verändernden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen werden neue Vergütungsmodelle und die 4-Tage-Woche (zum Glück!) immer ernsthafter diskutiert. Das Sabbatical ist ein weiteres Puzzleteil in dem Gesamtbild der Entlohnung und damit Wertschätzung, das Arbeitnehmer:innen erlaubt, sich für einen längeren Zeitraum frei zu machen. Teresa Bücher sagt in ihrem Sachbuch „Alle Zeit. Eine Frage von Macht und Freiheit – Wie eine radikal neue, sozial gerechtere Zeitkultur aussehen kann“, dass wir „Zeit politisch verstehen und darum kämpfen“ müssten. „Aber dafür muss man begreifen, dass die Zeit uns gehört“, so die Journalistin. Es gibt ein Leben abseits des Erwerbslebens und Arbeitgeber:innen sollten das nicht nur tolerieren, sondern unterstützen. Denn auch für gesellschaftliche und politische Teilhabe braucht es eines: die notwendige Zeit.

Die Herausforderungen eines Sabbaticals

Tatsächlich zeigen meine Beratungserfahrungen, dass nur wenige Führungskräfte ein Sabbatical in ihrem Lebenslauf vermerken. Je höher man auf der Karriereleiter steht, desto seltener findet man solche Auszeiten. Häufig wird ein Sabbatical in Verbindung mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses genommen, bei der durch eine Abfindung finanzielle Sicherheit besteht. Die Suche nach einer neuen Stelle wird dann mit einer Auszeit verbunden.

Eine Pause während der Berufstätigkeit wird oft als risikoreich angesehen:

  • Was passiert danach?
  • Bekomme ich wieder eine passende Führungsposition?
  • Wie werden mich Kolleg:innen und Vorgesetzte wahrnehmen?
  • Werde ich als Vorreiter:in oder als „Underperformer“ betrachtet?

Da es wenige Vorbilder gibt und dies auch vom Unternehmen abhängt, sind die Antworten oft unklar.

Dream on: Ideen für das Sabbatical

Ob ein ganzes Jahr oder nur sechs Monate – es ist viel möglich! Einer meiner Klienten hat den Job gekündigt und eine 18-monatige Radreise über 22.000 Kilometer unternommen. Ein anderer nutzte den ersten Corona-Lockdown für eine Reise durch Osteuropa mit seiner Familie, wobei die Kinder online am Unterricht teilnahmen. Ein dritter Manager hat während der Pandemie ein Sabbatjahr eingelegt, um mehr Zeit für die Familie zu haben und eine Fortbildung zu absolvieren.

Neben diesen Auszeiten vom Hamsterrad gibt es auch Situationen, in denen ein Sabbatical besonders sinnvoll ist: bei drohendem Burnout, familiären Gründen oder dem Gefühl, dass man selbst eine Pause und Zeit zur Weiterentwicklung benötigt. Diese Gründe müssen jedoch nicht zwingend zu einem Sabbatical führen. Oft kann hier auch Jobwechsel zu positiven Veränderungen führen. Es ist wichtig, sich selbst zu reflektieren und herauszufinden, wann eine Veränderung notwendig ist.

Sabbatical: Wer nutzt die Auszeit?

In einer Befragung des ifo Instituts gab weniger als ein Prozent der Teilnehmenden an, bereits ein Sabbatical in Anspruch genommen zu haben. Im Durchschnitt dauert ein Sabbatical 99 Tage. Was deutlich wird: Je größer das Unternehmen ist, desto bekannter ist das Prinzip Sabbatical. Über die Hälfte der Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten bieten eine unbezahlte Auszeit an, in Unternehmen mit 250 bis 499 Beschäftigten ist es nur ein Viertel. Die geringe Anzahl an Sabbaticals kann eigentlich nicht an mangelndem Interesse bei den Beschäftigten liegen, denn nahezu jede:r zweite Deutsche würde gerne Sabbaticals nutzen. Eine Analyse des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung ergab, dass ein finanziell und sozial abgesicherter Rechtsanspruch dazu beitragen würde, dass mehr Menschen diese Möglichkeit nutzen. Und je mehr sie nutzen, desto leichter wird es sicher auch für andere.

Planung des Sabbaticals: Hole alle ins Boot

Wenn du das Abenteuer Sabbatical angehen willst, beginnt deine Reise schon lange vor der eigentlichen Auszeit. Denn: Eine sorgfältige Vorbereitung ist entscheidend für den Erfolg eines Sabbaticals.

Sabbatical rechtzeitig ankündigen

Es ist wichtig, gemeinsam mit dem oder der Vorgesetzten Lösungen für die Vertretung während der Abwesenheit zu finden. Kreativität und Zusammenarbeit sind gefragt, um eine zufriedenstellende Lösung für alle Beteiligten zu finden. Aber ein Hexenwerk ist es nicht – denn schließlich ist die Auszeit strukturell betrachtet nicht anders zu bewerten als eine geplante Elternzeit. Je mehr Vorlauf du deinem Team und der Führung gibst, desto besser können sich alle Beteiligten vorbereiten.

Dauer des Sabbaticals

Ein Sabbatical muss nicht zwangsläufig ein Jahr dauern. Manche benötigen nur wenige Wochen, um neue Energie zu tanken und motiviert zurückzukehren, während andere mehr Zeit benötigen. Es ist ratsam, die Auszeit nicht zu kurz zu gestalten, um nicht unter Druck zu geraten.

Sabbatical strukturieren

Es gibt viele Möglichkeiten, ein Sabbatical zu gestalten. Es kann hilfreich sein, die Zeit in Phasen von Ruhe und Aktivität einzuteilen. Einige nutzen die Zeit für Weiterbildungen, persönliche Projekte oder Abenteuer wie eine lange Radreise. Wenn du also ganz klare Vorstellungen davon hast, was du in deinem Sabbatical erleben möchtest, plane gut: Wann startet meine Wunsch-Fortbildung? Wann ist die beste Reisezeit für Japan oder Australien? Wie viel Zeit muss ich für Anträge, Visa oder ähnliche Vorgänge einplanen?

Fazit: Ist das Sabbatical ein Hindernis oder Bereicherung?

Die Antwort hängt von der Einstellung sowohl des Sabbatical-nehmenden Individuums als auch des Unternehmens ab. Ist die Inanspruchnahme von Elternzeit ein Makel? Wenn ein Arbeitgeber der Meinung ist, dass solche Auszeiten „keinen echten Manager“ ausmachen, ist es vielleicht einfach der falsche Arbeitgeber.

Unternehmen mit einer modernen Unternehmenskultur, die die Vorteile von Sabbaticals und Elternzeit schätzen, betrachten ein Auszeit als positiven Aspekt. Das dient auch als Indikator dafür, ob die Unternehmenskultur und der Führungsstil mit den eigenen individuellen Bedürfnissen und Werten übereinstimmen.

Unsere Autorin Nane Nebel

Nane Nebel ist Karriereberaterin und -coach mit umfassender Praxiserfahrung als Inhouse-Consultant eines DAX-Konzerns und in verschiedenen operativen Führungsfunktionen. Sie unterstützt Führungskräfte beim Newplacement. Zudem schreibt sie Blogbeiträge zu Karriere und Bewerbung von Führungskräften als Xing-Branchen-Insiderin. Gemeinsam mit Karriereberater Dr. Jürgen Nebel gibt sie außerdem ihr Wissen und ihre Erfahrung in Büchern weiter. Zuletzt erschien von ihnen das Buch „Die CEO-Auswahl. Die drei Hürden zur neuen Verantwortung und wie Sie diese meistern.“ (Campus 2020).

Foto: Jörg Petry

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