Sie bezeichnet sich selbst als Reinigungskraft, Logistikerin und Künstlerin – und das alles in Verbindung mit Daten. Mina Saidze war es als Tochter politischer Aktivisten wichtig, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Mina Saidze ist von Beruf Data-Evangelistin und hat Inclusive Tech gegründet, europaweit die erste Beratungsorganisation für mehr Diversität in Tech. Wir trafen uns – rein virtuell natürlich – zum Salat und sprachen über diskriminierende Algorithmen und warum es so wichtig ist, sich diesem Thema anzunehmen.
In der Rubrik „Mittagspause am Mittwoch“ stellen wir regelmäßig Frauen – und auch Männer – vor, die uns inspirieren. Anlass für das Gespräch ist die Mittagspause, die frau ja sowieso nie allein verbringen sollte;-) Unser Gast leistet uns also (virtuell) Gesellschaft beim #neverlunchalone.
Was isst du heute Mittag?
Salat. Die Corona-Kilos müssen runter.
Vegetarisch oder Fleisch?
Sowohl als auch. Ich versuche mich weitgehend vegetarisch zu ernähren, aber bei Entrecôte werde ich schwach.
Latte oder Grüner Tee?
Green Tea Latte – die perfekte Kombination.
Cocktail oder Bier?
Ich mag kein Bier. Am liebsten trinke ich French 75 oder Whiskey Sour.
Ausgehen oder Kochen?
Ausgehen, wenn ich gesellig bin. Kochen, wenn ich Zeit habe.
Was machst du eigentlich? Beschreibe deinen Beruf in drei Sätzen.
Ich bin Reinigungskraft – dreckige Daten mache ich sauber.
Ich bin Logistikerin – denn ich befördere Daten von A nach B.
Ich bin Künstlerin – Daten verwandle ich in Gemälde, die ich interpretiere.
Ich bin Reinigungskraft – dreckige Daten mache ich sauber!
Erzähl bitte mehr von dir. Wie bist du dahin gekommen? Welche Entscheidungen hast du warum getroffen?
Als Tochter politischer Aktivisten habe ich mir immer die Frage gestellt, wie die Welt zu einem besseren Ort wird. Deswegen habe ich nach dem Abi einen Freiwilligendienst in Tansania absolviert, wo ich sowohl Solaranlagen auf Dächern montiert als auch ein Mikrokreditprogramm betreut habe.
Aufgrund meiner Expertise in der Entwicklungszusammenarbeit habe ich Deutschland beim offiziellen G8 & G20 Jugendgipfel in St. Petersburg und London vertreten.
Als Aktivistin war es für mich naheliegend, journalistisch tätig zu werden. Rebecca Schneid sagte mal: “Journalism is a form of activism”. Denn kritischer Journalismus kann durchaus die Möglichkeit bieten, dass sich der Konsument zu einem kritischen Bürger entwickelt. So habe ich Stationen bei taz.die tageszeitung, Deutsche Welle und Radio Bremen absolviert.
Während meines Studiums habe ich die Berliner Digitalszene für mich entdeckt und arbeite heutzutage als Data Analyst bei idealo, zuvor bei der digitalen Tochter der Funke Mediengruppe. Daten begleiten uns ständig und umso faszinierender finde ich es, aus Daten Erkenntnisse zu gewinnen und – noch besser – Produkte zu entwickeln.
Mein Lebenslauf ist alles andere als geradlinig, da ich jemand bin, der ständig Neues lernt und seiner Leidenschaft folgt. Wenn ich Entscheidungen getroffen habe, dann gehörte dazu eine Mischung aus Verstand, Herz – und eine ordentliche Portion Mut.
Was bedeutet Karriere für dich?
Das Wort “Karriere” widert mich an, da ich an Konformisten denke, die ihrer Arbeit im Hamsterrad nachgehen – mit der inständigen Hoffnung, eines Tages befördert zu werden. Das ist das Bild der “klassischen” Karriere, die in einem Industrieland wie Deutschland noch in Köpfen vieler verankert ist.
Wir brauchen mehr Menschen, die auch mal um die Ecke denken können. Daher wünsche ich mir von jungen Menschen, dass sie nicht nur ihre Aufgaben gewissenhaft erfüllen, sondern auch mitdenken und Innovationsgeist zeigen.
Am Ende des Tages entscheidet meiner Ansicht nach der Impact, den du mit deiner Arbeit erzielst. Denn Sinn ist die beste Motivationsquelle überhaupt.
Was willst du bewegen, was willst du erreichen?
Dieses Jahr habe ich Inclusive Tech gegründet. Inclusive Tech ist eine internationale Organisation mit mehr als 4.500 Mitgliedern europaweit.
Unser Ziel ist es, mehr Diversität und Inklusion im Bereich Tech zu fördern.
Die erste Person, die einen Algorithmus entwickelte, war die britische Mathematikerin Ada Lovelace, dennoch sind Frauen in diesem Bereich unterrepräsentiert. Nach einer Studie der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2019 sind weniger als ein Drittel der Frauen in Berufen rund um Big Data tätig.
Dies beunruhigt mich zutiefst, da es Konsequenzen mit sich bringt: Künstliche Intelligenz kann frauenfeindlich oder rassistisch sein, wenn der Algorithmus nicht diskriminierungsfrei trainiert wird. Aktuell werden Technologien von weitgehend männlich dominierten Teams entwickelt, sodass z.B. bei digitalen Assistenten geschlechtsspezifische Vorurteile widergespiegelt werden.
Um Tech wie Big Data und KI als Chance, die zur Gleichstellung der Geschlechter beiträgt, statt gesellschaftliche Dämonisierung zu begreifen, möchten wir mehr unterrepräsentierte Gruppen wie Frauen und People of Color in Tech, insbesondere in den Berufsfeldern Advanced Analytics, Data Science und Machine Learning, fördern.
Hierfür organisieren wir Meetups, Symposien als auch Networking-Events und werden perspektivisch Förderprogramme für Quereinsteigerinnen in Kooperation mit Unternehmen anbieten.
Unsere Mission lautet: Mehr Inclusive Tech!
Noch ein paar Tipps für unsere Leserinnen:
- Lieblingsblog: Heutzutage höre ich gerne Podcasts. Lex Fridman kann ich wärmstens empfehlen.
- Buch, das dich in letzter Zeit beeindruckt hat oder das du gern lesen möchtest: “Dad” von Nora Gantenbrink. “Alle Guten waren tot” von Gerasimos Bekas. “Moneymakers” von Aya Jaff. Alles großartige Debütromane!
- Mit welcher Person, lebend oder bereits gestorben, würdest du gern einmal Essen gehen? Mit Angela Merkel, da sie der klare Beweis ist, dass nicht die Stärke, sondern die Intelligenz entscheidet.
In der Rubrik „Mittagspause am Mittwoch“ stellen wir regelmäßig Frauen – und auch Männer – vor, die uns inspirieren. Anlass für das Gespräch ist die Mittagspause, die Frau ja sowieso nie allein verbringen sollte ;-) Unser Gast leistet uns also (virtuell) Gesellschaft beim #neverlunchalone.
Noch mehr Mittagessen? Kannst du haben:
- Anastasia Umrik: „Eins steht fest: Ich passe in keine Schublade so richtig, ständig will ich sie sprengen – und manchmal gelingt es.“
- Mittagspause am Mittwoch: „Alles inklusive!“ – Mareice Kaiser, Bloggerin und Journalistin
- Jaleh Bisharat, Chief Marketing Officer von Eventbrite
- Sara Usinger, Program Manager bei einem Accelerator in Teheran
- Magdalena Rogl, Head of Digital Channels bei Microsoft
- Nora Grazzini, Gründerin von Radbonus
- Susanne Ackstaller aka Texterella oder „Die Geschäftsberichtstexterin“
- Katrin Klemm, Storytelling-Coach und Buchautorin