Naturwissenschaft und Technik sind cool, gerade für Frauen – oder? Mit dem Science Slam steht die Biologin Julia Offe im Rampenlicht. Dagegen verschweigt die Software-Entwicklerin Maya ihren Nachnamen, weil ihr Engagement bei Femgeeks auf der Arbeit nicht gut ankommt. Wir haben beiden dieselben Fragen gestellt.
Was macht an einem Beruf in Naturwissenschaft und Technik so richtig Spaß?
Julia: Er bietet eine optimale Mischung aus Tüftelei, Kreativität und intellektueller Herausforderung. Und er ist oft anwendungsbezogen: Diese Forscher bringen Medizin, Umweltschutz und Technologie wirklich voran.
Maya: An meinem Beruf gefällt mir sehr, dass ich sehr kreativ sein kann und bei Technologietrends am Zahn der Zeit bleiben muss. Am spannendsten aber finde ich die Möglichkeit, interdisziplinär zu arbeiten: Ich habe mit unterschiedlichen Branchen und Berufen zu tun.
Warum schrecken viele Frauen vor solchen Berufen zurück?
Julia: Gute Frage! Ich befürchte, dass schon in der Schule Frauen zu wenig ermutigt werden, solche Berufe zu ergreifen. Ich persönlich kenne aber viele Frauen, die in diesen Berufen erfolgreich und glücklich sind.
Maya: Das hat sicher viele Gründe. So wird das Gebiet der Informationstechnologie gemeinhin gerne als etwas Nicht-Erlernbares verkauft. Zudem existiert nach wie vor die Annahme, dass Frauen sich dafür nicht interessieren oder nicht begabt genug sind. Diese tief in der Gesellschaft verankerten Vorurteile prägen uns. Und Sexismus spielt eine große Rolle. Nicht jede Frau traut sich zu, einen männerdominierten „Raum“ wie die IT zu betreten, wenn sie Diskriminierungen befürchten muss.
Was müsste sich ändern, damit Sie mehr weibliche Kollegen bekommen?
Julia: Ich denke, dass mehr Frauen aus technischen Berufen bereits an Schulen davon erzählen sollten, wie viel Spaß ein Job in Naturwissenschaft und Technik machen kann. Damit schon Mädchen und junge Frauen Vorbilder haben und für sie ein entsprechendes Studium eine echte Option ist.
Maya: Es gibt zum Glück schon sehr viele Förder-Programme mit dem Ziel, mehr Frauen in den MINT-Bereich zu holen. Davon kann es ruhig mehr geben, auch für Zielgruppen jenseits der Mittelklasse. Zweitens müssen ArbeitgeberInnen Strukturen schaffen, die Frauen ein diskriminierungsfreies Arbeiten ermöglichen. Sexistische Vorfälle dürfen nicht heruntergespielt, sondern müssen sanktioniert werden. Das ist aber noch längst nicht üblich.
Hatten Sie schon mal das Gefühl, der Job oder dessen Bedingungen seien eine Zumutung – und wenn: Was war der Anlass?
Julia: Nein, das hatte ich noch nie. Aber ich habe trotzdem viele Leute gesehen, die extrem intelligent und dazu extrem fleißig waren, und bei denen es mit der akademischen Karriere dennoch nicht geklappt hat.
Maya: Wenn ich zum hundertsten Mal unverblümt gefragt werde, wo denn der Programmierer sei, wenn es an meinem Büro klopft, dann nervt das irgendwann. Wenn mein Architektur-Vorschlag für ein IT-System in Teamsitzungen versickert und dann von meinem männlichen Kollegen anders formuliert abgefeiert wird, dann macht mich das sauer.
Wann haben Sie das letzte Mal gedacht: Ich habe mir genau den richtigen Job ausgesucht?
Julia: Das denke ich fast jeden Tag. Ich würde alles wieder so machen!
Maya: Das ist erst ein paar Tage her. Es war einer dieser schönen Anwendungsfälle, wenn ich meinen Beruf zu politischen und (netz-)aktivistischen Zwecken nutzen kann.
Was ist Science Slam?
Julia: Ein Science Slam ist ein Vortragswettbewerb für junge Wissenschaftler: Sie verlassen den Elfenbeinturm, erklimmen die Bühnen von Clubs oder kleinen Theatern und versuchen, mit der Präsentation ihrer Forschungsprojekte die Herzen der Zuschauer zu gewinnen. Denn das Publikum bildet die Jury und kürt den Science-Slam-Sieger des Abends.
www.scienceslam.de
Was ist Femgeeks?
Maya: Femgeeks ist ein Gemeinschaftsblog zu feministischen Geekthemen und geekigem Feminismus, auf dem sich Feminismus und Einblicke in Wissenschaft und Technologie treffen – gepaart mit Kreativität, Kritik und außergewöhnlichen Interessen.
www.femgeeks.de