
Über den Umgang mit Emotionen in unsicheren Zeiten
In Krisenzeiten oder bei wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit steigt die Ungewissheit, was zu innerer Anspannung und Stress führt – oft, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Doch unsere Gedanken kreisen um mögliche Konsequenzen: finanzielle Unsicherheit, Jobverlust, Konflikte, Kriege. Wir versuchen, Kontrolle zu bewahren und passende Lösungen zu finden. Ohne emotionale Stabilität gelingt das irgendwann nicht mehr. Wir geraten in einen Teufelskreis oder verfallen in Schockstarre. Aber wie bewahren wir unsere emotionale Stabilität – auch in schwierigen Zeiten? Lass uns gemeinsam einen Blick darauf werfen.
Warum Emotionen dich stärker beeinflussen, als du denkst.
Emotionale Stabilität bedeutet, dass dich nichts aus der Bahn werfen kann, oder? Diese Frage stellte mir kürzlich meine Workshop-Teilnehmerin. Mal ehrlich: Ich kenne niemanden, der so unerschütterlich ist, dass ihn wirklich gar nichts aus der Fassung bringt. Aber wir alle brauchen einen inneren Anker – etwas, das uns stabil hält, wenn um uns herum alles schwankt. Wir unterschätzen oft, wie sehr unsere Emotionen das innere Gleichgewicht beeinflussen: Alles, was wir denken und fühlen, kostet Energie und verändert unsere hormonelle Balance. Auch wenn uns die inneren Spannungen gar nicht bewusst sind, können unser Schlaf, Appetit, unsere Lebensfreude und unser Energielevel darunter leiden. Genau hier setzt die Emotionsregulation an.
Gefühle sind nicht gleich Gefühle: Warum Emotionen für jeden anders sind.
Wenn wir starke Emotionen verspüren, setzt unser Körper verschiedene chemische Prozesse in Gang, insbesondere die Ausschüttung von Adrenalin und Cortisol. Gleichzeitig versucht unser Körper stets, ein Gleichgewicht herzustellen, und baut diese Hormone innerhalb kurzer Zeit wieder ab. Laut der Harvard-Neurowissenschaftlerin Dr. Jill Bolte Taylor, die dies in ihrem Buch »My Stroke of Insight« beschreibt, dauert eine Emotion ungefähr 90 Sekunden.
Doch Moment mal! Vielleicht denkst du jetzt: »Das kann nicht stimmen! Meine Emotionen halten viel länger an!« Das liegt zunächst daran, dass manche Menschen Emotionen aufgrund der eigenen biologischen Faktoren per se intensiver erleben. Öfter liegt es allerdings an der individuellen Wahrnehmung: Unter Stress tendiert unser Verstand dazu, Situationen als Katastrophen zu bewerten. Je intensiver das individuelle Bewerten einer Situation ist, desto stärker ist die zusammenhängende Emotion. Und wenn unser Denken die Emotion immer wieder neu entfacht, scheint sie endlos anzuhalten.

A verursacht nicht C – B verursacht immer C.



Wenn wir uns bewusst machen, dass unser Denken die Emotion verstärkt, können wir lernen, diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Umgang mit Emotionen – was bedeutet das genau?
Leider wurde den meisten von uns nie beigebracht, wie wir mit unseren Emotionen umgehen können. Viele glauben, dass sie ihren Gefühlen hilflos ausgeliefert sind. Doch das ist nicht wahr. Wir können lernen, unsere Gelassenheit aktiv zu steuern.
Stell dir vor, du schneidest dich. Würdest du einfach abwarten, bis die Wunde von selbst heilt? Nein! Du holst ein Pflaster, reinigst die Wunde und versorgst sie. Genauso sollten wir mit unseren Emotionen in schwierigen Zeiten umgehen.
Vier Strategien, die zu mehr inneren Stabilität verhelfen
Das Geheimnis liegt nicht darin, alles auf einmal zu erreichen, sondern in der Ansammlung vieler kleiner Tropfen, damit das Fass nicht leer bleibt …
→ 1. Dein Körper kennt den Weg aus dem Stress – du musst ihn nur lassen
Wenn du Anspannung oder emotionale Erschöpfung spürst, nimm dir bewusst eine Pause. Atme tief durch, dehne dich, spanne Muskeln gezielt an und lasse sie wieder locker. Dein Körper verfügt über Mechanismen, um Stresshormone abzubauen – nutze sie!
→ 2. Dein Blickwinkel ist nur eine Perspektive – betrachte die Situation neu
Das kann gelingen in dem du dich fragst: Kann ich mit absoluter Sicherheit wissen, dass mein Gedanke über die Situation wahr ist? Gibt es eine andere Perspektive, die mir hilft, ruhiger zu bleiben? – Indem du deine Gedanken bewusst lenkst, kannst du deine Emotionen regulieren und gelassener auf Herausforderungen reagieren.
→ 3. Die innere Stabilität festigen – diese einfachen Routinen helfen sofort
Joggen, Spaziergänge, Wechselduschen oder Yoga – all das fördert die Ausschüttung von Dopamin und Endorphinen, den sogenannten Glückshormonen. Durch ihre Wirkung auf Schmerzempfinden, Hunger, Hormonproduktion und Stimmungslage sind Glückshormone der perfekte Verbündete für deine innere Stabilität.
→ 4. Morgenrituale für mehr Gelassenheit – setze den richtigen Ton für den Tag
Ob Meditation, Gebet oder ein Dankbarkeitstagebuch – finde eine Morgenroutine, die dir hilft, deine Gedanken zu beruhigen und optimistisch in den Tag zu starten. Solche Ankerpunkte schaffen Struktur und tragen zu innerer Ruhe bei.
Ein letzter Gedanke
Diese Techniken helfen dir, besser mit Herausforderungen umzugehen, aber sie lösen nicht alle Probleme. Wenn du dich über längere Zeit ängstlich, erschöpft oder überfordert fühlst, kann professionelle Hilfe sinnvoll sein. Deine innere Stabilität ist wie ein kostbarer Schatz – äußerst wertvoll und benötigt unbedingt ein wenig Liebe und Pflege!

Über Olga Harlamova
Olga Harlamova ist Resilienz-Coach, Wegbegleiterin für innere Klarheit und REVT-Therapeutin mit eigener Praxis in München. Mit über 10 Jahren Erfahrung begleitet sie Einzelpersonen und Unternehmen dabei, Resilienz zu erlernen und widerstandsfähig zu bleiben – im Alltag, im Job, in Krisen. Mehr über ihre Coachings, Workshops und einen kostenfreien Test zu inneren Stressoren findest du auf bewussterwerden.de.