Vor kurzem in einer Auswahlrunde für potenzielle Führungskräfte: Einer der Interviewer kündigte seine letzte Frage an: „Jetzt kommt eine Hammerfrage: Ihr Chef ruft Sie ins sein Büro und eröffnet Ihnen, dass Sie 50 Prozent Ihres Teams wegen aktueller Restrukturierungsmaßnahmen entlassen müssen. Wie gehen Sie vor?“
Bild: Marie Maerz/photocase.de
Die Frage kam von Seiten eines erfahrenen Managers aus der Automobilindustrie. Er wusste, dass er die Runde damit provozieren würde. Entlassungen vornehmen? Das macht niemand gern, ob Frau oder Mann.
Interessant waren die Antworten aus der Runde:
- „Ad hoc entscheide ich gar nichts. Ich muss ja erst einmal nachdenken, was dahinter stecken könnte und wie ich am besten weiter vorgehe. Ein paar Stunden Rennrad fahren helfen da schon ganz gut.“
- „Ich gehe nach Hause und heule erst einmal eine Runde.“
- „Ich versuche zu eruieren, was dahinter steckt und nach Lösungen zu suchen.“
Spannend fand ich folgende Antwort:
- „Eigentlich müsste ich mich als Führungskraft als allererstes entlassen, wenn ich von so etwas überrascht werde. Ich muss doch wissen, was im Unternehmen so läuft und schon vorher nach Möglichkeiten suchen…“
So richtig klar wurde mich allerdings der Kern der Herausforderung, als der Interviewer sagte:
- „Wenn Ihr Chef mit einer solchen Forderung an Sie herantritt, weigern Sie sich rundheraus! Sie sagen einfach „Nein!““
Aus welchem Grund? Darf ich das?
Nachdem ich länger darüber nachgedacht habe, meine ich sogar: Ja, genau so musst du vorgehen!
Warum?
Weil es hier um Politik geht. Und um die Stärkung deiner Position und deiner Verhandlungsmacht. Also musst du strategisch vorgehen.
- Du weißt (noch) nicht, woher diese Zahlen kommen. An irgendeiner Stelle wurden diese Zahlen beschlossen. Vielleicht von externen Beratern oder der internen Unternehmensberatung oder einer irgendeiner anderen Abteilung im Unternehmen. Diese haben meistens wenig mit der Realität gemein und auch nichts mit rationalen Entscheidungen.
- Keine dieser Zahlen sind für die Ewigkeit. Es sind Vorschläge. Die kannst du auch erst einmal ablehnen.
- Indem du deine Zustimmung verweigerst, stärkst du deine Position. Stell dir vor, du hast ein Team von 100 Leuten und Budgetverantwortung für 10 Mio. Euro. Halbierst du dieses Team auf 50 Mitarbeiter, sinkt auch dein Budget. Schlecht für deine Position und deine Karriere.
- Denke strategisch und suche dir Verbündete. Wer kann dir jetzt helfen? Bei wem hast du noch etwas gut, wer wird in nächster Zeit Unterstützung von dir benötigen? Diese Kollegen musst du jetzt ins Boot holen. Besser noch, wenn du weißt, wen du bei der Geschäftsleitung direkt ansprechen kannst.
Wird es klarer, um was es geht? Denke immer daran, wie du deine Position stärken kannst. Das hilft auch deinem Team!