»Frauen verhandeln zu selten – das muss sich ändern!«

Frau in dynamischer Pose vor Pop-Art-Elementen mit dem Schriftzug ‚impossible‘, wobei ‚im‘ hervorgehoben und getrennt von ‚possible‘ ist – so dass aus ‚impossible‘ ‚i am possible‘ wird. Dargestellt als Motivation, das Unmögliche möglich zu machen.

Männer fordern, Frauen zögern. Woran liegt das? Und wie lässt sich das ändern? Verhandlungsprofi Markus Härlin hat sich diese Frage erst gestellt, als seine Frau ihn darauf gestoßen hat. Im Gespräch erklärt er, warum Frauen oft anders verhandeln – und wie sie ihre Verhandlungsmacht voll ausschöpfen können.

Markus, du sagst, Frauen verhandeln zu selten. Warum ist das ein Problem?

Markus

Es gibt eine einfache Regel: Du bekommst, was du verhandelst – oder eben nicht. Sicher ist: Wer nicht verhandelt, bekommt seltener eine Gehaltserhöhung, weniger Projekt-Budgets, weniger Gestaltungsspielraum – und bleibt damit oft hinter seinen Möglichkeiten zurück. Studien zeigen: Männer verhandeln in über 50 Prozent der Fälle, in denen es möglich ist, Frauen nur jedes zehnte Mal. Das hat enorme Auswirkungen. Sie verdienen weniger und bleiben aufgrund kleinerer Budgets sogar hinter ihren Möglichkeiten zurück. Sie werden nicht auf Augenhöhe wahrgenommen. Dabei sind Frauen unglaublich kompetent, allerdings setzen viele ihre Verhandlungsmacht nicht aktiv ein. Oft, weil sie nicht als schwierig oder zu fordernd gelten wollen. Das Ergebnis? Männer verhandeln, Frauen bekommen zugewiesen.

Männer, hört auf eure Frauen, wenn ihr wissen wollt, was Frauen brauchen!

Markus Härlin

Sowohl Angestellte als auch Selbständige haben oft das Problem, dass ihnen bei Gehalts- oder Honorarverhandlungen Totschlagargumente wie »nicht der richtige Zeitpunkt« oder »das Budget gibt das nicht her«  entgegengebracht werden. Wie kann ich da kontern?

Markus

Solche Sätze sind oft nicht mehr als ein billiger Trick, um das Gespräch abzuwürgen – und funktionieren vor allem dann, wenn man selbst nicht genau weiß, was man wert ist. Deshalb ist Vorbereitung das A und O. Dazu gehört nicht nur, den eigenen Marktwert zu kennen – also: Was wird für vergleichbare Positionen oder Leistungen gezahlt? Sondern auch, die eigene Performance realistisch einschätzen zu können. Was bringe ich ein? Welche Verantwortung trage ich? Was wäre, wenn ich plötzlich nicht mehr da wäre? Wer das sauber durchdenkt, hat Argumente, keine vagen Gefühle.

Entscheidend ist außerdem das Timing. Der größte Fehler: verhandeln wollen, nachdem etwas erfolgreich abgeschlossen ist – als Dankeschön. Das verpufft. Der klügere Moment ist, wenn alles gerade läuft, wenn man selbst die Fäden in der Hand hat und spürbar ist, wie wichtig man gerade ist. Dann darf man auch mal sagen: »Heiße Phase. Alles läuft über mich. Kein Stress – aber hast du mal überlegt, was passiert, wenn ich jetzt weg wäre?« Das primet, das framed – und öffnet die Tür für eine echte Verhandlung. Wer Alternativen hat – intern wie extern – steht dabei noch stabiler.

Wann lohnt es sich zu verhandeln, wann eher nicht?

Markus

Verhandeln lohnt sich dann, wenn ich weiß, was ich will – und was es mir wert ist. Es geht nicht nur ums Geld. Es geht um Anerkennung, um Entwicklung, um Lebensqualität. Und um die Frage: Bekomme ich in dieser Konstellation, was ich brauche – fachlich, menschlich, finanziell? Wenn ich da innerlich »Nein« sagen muss, dann ist das der erste Hinweis, dass es sich lohnt, genauer hinzuschauen – und dann auch zu verhandeln.

Gleichzeitig sollte ich wissen, was es mich kostet, nicht zu verhandeln. Und ob ich bereit bin, das zu tragen. Manchmal ist das Gefühl, übergangen oder ausgenutzt zu werden, auf Dauer zermürbender als jedes schwierige Gespräch. Dann lieber einmal Klartext – selbst wenn es unbequem wird.

Aber: Es gibt auch Momente, da ist Verhandeln gerade nicht sinnvoll. Zum Beispiel, wenn ich emotional sehr aufgebracht bin, ohne Klarheit über meine Ziele oder ohne Plan B. Wer sich selbst noch nicht sortiert hat, kann sich im Gespräch schnell verzetteln. Deshalb: Immer erst abwägen – was steht für mich auf dem Spiel, was für mein Gegenüber? Welche Werte und Emotionen sind im Spiel? Und welche Optionen habe ich, wenn ein Nein kommt? Wer das durchdacht hat, verhandelt nicht nur besser – sondern mit Haltung.

Wann hast du gemerkt, dass das ein Thema für dich ist?

Markus

2017, in Sorrent. Ich saß mit meiner Frau, Mirjam Berle, beim Abendessen, und sie hat gerade »Ask for it von Linda Babcock« gelesen. Plötzlich sah sie mich an und sagte: »Unterstütz uns Frauen beim Verhandeln – das ist genau dein Ding!«

Das hat mich ziemlich überrascht. Ich arbeitete zwar bereits seit über 20 Jahren im Sales- und Verhandlungsbereich, bringe Menschen bei, sich durchzusetzen. Trotzdem dachte ich: Verhandeln ist Verhandeln. Warum sollte es für Frauen anders sein?

Aber Mirjam ließ nicht locker. »Was Babcock schreibt, kenne ich alles von dir«, sagte sie. »Warum willst du das Feld den anderen überlassen?«

Ich hakte nach: »Warum ich? Ich bin doch ein Mann.« Ihre Antwort hat mich wirklich zum Nachdenken gebracht: »Weil Frauen oft anders an Verhandlungen herangehen. Wir verhandeln seltener, weil wir uns fragen: Soll ich? Darf ich? Kann ich? Wir denken zu viel darüber nach, ob wir gefallen müssen.« 

Das war mein Aha-Moment. Ich kannte die Mechanismen des Verhandelns in- und auswendig. Aber ich hatte nie bewusst darüber nachgedacht, wie unterschiedlich Männer und Frauen an das Thema herangehen. Mein größtes Learning: »Männer, hört auf eure Frauen, wenn ihr wissen wollt, was Frauen brauchen!«

Frauen sind oft wahnsinnig gut vorbereitet, haben brillante Argumente – aber sie gehen nicht aktiv in die Verhandlung.

Markus Härlin

Also brauchen Frauen andere Verhandlungsstrategien?

Markus

Nicht unbedingt eine andere Strategie – aber ein anderes Mindset. Techniken sind Techniken. Aber die innere Haltung entscheidet, ob jemand überhaupt verhandelt. Frauen sind oft wahnsinnig gut vorbereitet, haben brillante Argumente – aber sie gehen nicht aktiv in die Verhandlung. Sie fragen sich: »Soll ich mich wirklich dafür einsetzen?« oder »Kommt das jetzt unverschämt rüber?« oder »Vielleicht wird mir das ja ohnehin angeboten?«

Das größte Hindernis für Frauen ist nicht fehlendes Wissen – sondern der Gedanke, dass sie sich erst die Erlaubnis zum Verhandeln holen müssen. Männer hingegen stellen sich diese Fragen nicht. Sie fordern einfach.

Was war dein größtes Learning aus dieser Diskussion mit Mirjam?

Markus

Ganz klar: Frauen haben keine Lust auf Mansplaining. Keine Lust auf Erklärbären. Keine Lust auf Oberlehrer-Ton. Mirjam sagte: »Wir brauchen jemanden, der zeigt, wie es geht – ohne von oben herab zu erklären.«

Das war der Punkt, an dem ich verstanden habe: Frauen wissen, was sie können. Sie wissen, was sie wert sind. Aber sie brauchen einen anderen Zugang zum Verhandeln. Einen, der nicht nach Rechthaberei klingt, sondern nach echter Unterstützung.

Wie sieht dieser Zugang aus?

Markus

Kurz gesagt: Streetsmart statt Booksmart. Wissen kannst du nachlesen. Aber wie du es anwendest, das macht den Unterschied. Verhandeln ist keine Theorieübung – es ist Psychologie, Strategie und Erfahrung. Und vor allem ist es Übungssache. 

Deshalb ist mein Rat an Frauen: »Verhandelt! So oft es geht.«

Verhandeln ist für Frauen kein Nice-to-have, sondern eine Schlüsselkompetenz. Besonders jetzt, wo sich viele Errungenschaften der letzten Jahre wieder rückwärts entwickeln.

Markus Härlin

Was ist dein wichtigster Tipp für Frauen, die ihre Verhandlungsfähigkeiten verbessern wollen?

Markus

Ich habe gleich drei:

  1. Hör auf zu denken, dass du dich erst »würdig« verhandeln musst. Du musst nicht erst beweisen, dass du einen Job, ein bestimmtes Gehalt oder Budget verdienst. Du musst es aber einfordern. 
  2. Fang an, kleine Dinge zu verhandeln – jeden Tag. Verhandeln ist eine Fähigkeit. Und jede Fähigkeit, wird durch Übung besser.
  3. Setz dir ein klares Ziel für jede Verhandlung. »Ich will mehr Gehalt« ist zu unkonkret. Mach dein Ziel messbar. Ich will 10 % mehr Gehalt – und wenn das nicht geht, bessere Zusatzleistungen« klingt nach echter Verhandlungsstrategie.

Verhandeln ist für Frauen kein Nice-to-have, sondern eine Schlüsselkompetenz. Besonders jetzt, wo sich viele Errungenschaften der letzten Jahre wieder rückwärts entwickeln. Wenn Frauen nicht verhandeln, überlassen sie das Feld den anderen. Wenn sie nicht für sich eintreten, wird jemand anderes für sie entscheiden. Aber Verhandeln ist kein Männerclub. Es ist ein Spielfeld, auf das Frauen gehören. Wenn sie verhandeln, verändern sie ihre Welt – und die der Frauen, die nach ihnen kommen. Also: Samthandschuhe aus und los geht‘s! 

→ Vielen Dank für deine Zeit, lieber Markus!

Über Markus Härlin

Markus Härlin bringt mehr als 20 Jahre Erfahrung im People Business mit – als Head of Inhouse Consulting Sales & Negotiation beim Personaldienstleister Hays. Er ist der »Wingman« für starke Verhandlerinnen – mit Herz und Seele. Spezialisiert auf Verhandeln, Verkaufen und das erfolgreiche Durchsetzen von Interessen, hilft er Menschen, selbstbewusst und strategisch schwierige Verhandlungen zu meistern. Seine Vision: Erfolgreich verhandeln – ohne Manipulation, ohne Druck. Markus glaubt an eine Welt, in der nicht die Lautesten oder Mächtigsten gewinnen, sondern diejenigen, die wirklich etwas zu bieten haben – mit klarer Strategie, starker Argumentation und ethischem Engagement.

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