»Die Auseinandersetzung mit patriarchalen Strukturen ist etwas, was in jedem Business gemacht werden muss.«

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Wenn man sich mit Shane Fischer zum Essen trifft und nach ihrer Arbeit fragt, merkt man gleich, wie wichtig ihr ihre Aufgabe ist. Als Leiterin des Safeguarding-Teams einer internationalen humanitären Organisation beschäftigt sie sich vor allem mit der Prävention von sexualisierter Gewalt. Sie jongliert dabei oft mehrere Aufgaben gleichzeitig: koordiniert Workshops, bearbeitet Beschwerden oder entwickelt die Präventionsrichtlinien weiter. In unserer »Mittagspause am Mittwoch« gibt sie uns einen kleinen Einblick in ihren Arbeitsalltag.

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Hi Shane, was isst du heute zu Mittag?

Ich esse einen Himbeer-Weiße-Schokoladen-Wickel von der Mehlwerkstatt in Köln.

Wo und mit wem isst du meistens zu Mittag?

Je nachdem mit wem und wo ich arbeite, ist es entweder zu Hause, in einem Restaurant oder im Büro. 

Vegetarisch, vegan oder Fleisch?

Überwiegend vegetarisch. 

Latte oder Grüner Tee?

Cappuccino.

Espresso Martini oder Virgin Sunrise?

Espresso Martini.

→ HAUPTGANG

Erzähl uns doch ein wenig von dir: Was machst du so?

Ich arbeite für eine internationale humanitäre Organisation als Leitung des Safeguarding Teams. Wir arbeiten an der Prävention, dem Management sowie der Intervention von und bei sexualisierter Gewalt innerhalb unserer Organisation. Das bedeutet, dass ich verpflichtende Schulungen im Präventionsbereich für unsere Mitarbeiter:innen weltweit durchführe, funktionierende Meldesysteme etabliere und gemeldete Fälle bearbeite – und wenn nötig interne Ermittlungen durchführe.

Während in der Privatwirtschaft dieses Jahr erst das Hinweisgeberschutzgesetz für Unternehmen mit über 50 Mitarbeiter:innen in Kraft trat, befasst sich der humanitäre Sektor schon seit vielen Jahren mit der Etablierung funktionierender Meldesysteme und Präventionsarbeit im Bereich der sexualisierten Gewalt. Diese gilt es aber immer wieder auf ihre Funktionalität zu prüfen. Dazu gehört, dass alle Akteuer:innen bestehende Meldesysteme kennen. Das allein reicht aber nicht. Ohne ein Bewusstsein darüber, was gemeldet werden darf, wie das System funktioniert, wer Zugriff auf die Beschwerden hat etc. – insbesondere im Bereich sexualisierter Gewalt – sind die Hürden, eine Beschwerde einzureichen immer noch sehr hoch. Diese Hürden versuche ich in meinen Schulungen abzubauen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Mitarbeiter:innen aller Hierarchieebenen ein Bewusstsein dafür haben, wo sexualisierte Gewalt überhaupt anfängt. Dafür führe ich weltweit Workshops in all unseren Projektländern durch und bin daher viel auf Dienstreise.

Es wichtig, dass Mitarbeiter:innen aller Hierarchieebenen ein Bewusstsein dafür haben, wo sexualisierte Gewalt überhaupt anfängt.

Shane Fischer

Und wie bist du dort hingekommen?

Schon während meines Studiums der geographischen Entwicklungsforschung war mir klar, dass ich in der internationalen Entwicklungsarbeit oder humanitären Hilfe tätig sein möchte. Ich war fast 5 Jahre im asiatischen Raum (Philippinen & Myanmar) in der Projektarbeit tätig. Nicht lange nach meiner Rückkehr nach Deutschland habe ich mich auf eine Stelle der Global Safeguarding Managerin beworben und bin nun Expertin für diesen Bereich. Bereits während meiner Tätigkeit in Myanmar, habe ich mich mit der Prävention sexualisierter Gewalt befasst und sie vorangetrieben. Während meine langjährigen vorherigen Tätigkeiten wichtig waren, um die Projektarbeit und Strukturen des humanitären Sektors zu verstehen, war es erst diese Stelle, in der ich das Gefühl hatte, voll und ganz angekommen zu sein. Dafür sind 2 Faktoren ausschlaggebend: Erstens, meine Werte stimmen zu 100 Prozent mit dieser Funktion überein und zweitens, ich kann in dieser Rolle meine Stärken einsetzen und ausbauen.

Nimm uns doch einmal mit: Wie sieht ein normaler Arbeitstag für dich aus?

Wenn ich gerade nicht auf Dienstreise bin, arbeite ich mit meinem Safeguarding Team an Policies, Guidelines und Tools, die immer wieder auf den neuesten Stand gebracht oder an die Arbeitsrealitäten unserer Mitarbeiter:innen weltweit angepasst werden müssen. Ich bearbeite und koordiniere Beschwerden, die durch unsere verschiedenen Meldestellen zu mir kommen, und wenn nötig, führe ich interne Ermittlungen und Interviews durch. Immer wieder gebe ich digital globale Trainings oder Workshops in Präsenz in unserer Zentrale. Darüber hinaus bin ich Gründungsmitglied unserer internen Antirassismus- und Diversity-Arbeitsgruppe sowie im Orgateam einer interorganisationalen Arbeitsgruppe für Safeguarding Expert:innen tätig. Hier bedarf es viel Koordination und Abstimmung für Wissensvermittlung, die Organisation von Veranstaltungen und den Austausch zu technischen Fragen unserer Arbeit.

Dort, wo du jetzt bist: Wie wichtig ist dir eine Karriere?

In der Zeit vor meiner chronischen Migräne war mir Karriere wichtig. Danach wollte ich einfach nur noch fähig sein, einen Job zu machen, der sich mit dieser schweren neurologischen Erkrankung vereinbaren lässt. Meine Position als Global Safeguarding Managerin hat diese Sichtweise wieder verändert. Denn ich ziehe Energie aus dieser Funktion. Das war in meinen vorherigen Jobs nicht der Fall. Darüber hinaus habe ich Vorgesetzte, die mir viel Raum für Flexibilität geben, sodass ich meine Arbeit gut mit dieser unsichtbaren Behinderung vereinbaren kann. Der Mut, offen über die chronische Migräne zu sprechen, hat sich für mich ausgezahlt. Das wäre bei den wenigsten Arbeitgeber:innen der Fall gewesen. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe eine intrinsische Motivation, meine Arbeit so gut wie nur möglich zu machen, und höre nie auf zu lernen. Das ist meine Ambition. Wenn sich dadurch eine Karriere aufbaut, die sich mit meinen Kapazitäten vereinbaren lässt, kann ich damit sehr gut leben. 

Ich habe eine intrinsische Motivation, meine Arbeit so gut wie nur möglich zu machen, und höre nie auf zu lernen. Das ist meine Ambition.

Shane Fischer

Was hättest du aus heutiger Sicht gern früher über dein Business gewusst?

In meinem Studium habe ich mich kritisch mit der Entwicklungszusammenarbeit auseinandergesetzt. Daher war mir schon früh klar, worauf ich mich in dem Berufsfeld einlasse. Und die Auseinandersetzung mit patriarchalen Strukturen ist etwas, was in jedem Business gemacht werden muss.

→ DESSERT

Was ist dein Lieblings-Podcast?

Lage der Nation

Ein Buch, das dich in letzter Zeit beeindruckt hat oder das du unbedingt noch lesen möchtest?

Gelesen: »The Happiness Trap« von Russ Harris & »The Culture Map« von Erin Meyer.
To read: »Er hat dich noch nicht mal angefasst: Sexualisierte Belästigung und Machtmissbrauch im Job – und wie wir uns davor schützen können« von Franziska Saxler.

Verrätst du uns deinen persönlichen Kraftort, an dem du dir Inspiration holst?

Inspiration und Kraft hole ich mir nicht aus Orten, sondern aus Menschen und mir selbst.

Wenn du nur ein Gericht für den Rest deines Lebens essen dürftest, welches wäre es?

Tortang Talong. Das ist ein philippinisches Gericht, in dem gegrillte Auberginen mit Eiern verquirlt und angebraten werden. Serviert mit Reis.

Kannst du unseren Leser:innen einen Life- oder Workhack empfehlen?

Beschäftige dich mit Aufgaben, die deine Stärken zum Glänzen bringen und mit denen du diese weiter ausbauen kannst – anstatt Aufgaben auszuführen, in denen du dich ständig mit deinen Schwächen konfrontiert siehst. Dies tun zu können, ist oft ein Privileg. Aber manchmal auch eine mutige Entscheidung.

Hast du ein Guilty Pleasure, mit dem du dir den Arbeitstag oder den Feierabend versüßt?

Das bleibt geheim. :)

Vielen Dank, liebe Shane! 🙏🏻

In der Rubrik „Mittagspause am Mittwoch“ stellen wir regelmäßig Frauen – und auch Männer – vor, die uns inspirieren. Anlass für das Gespräch ist die Mittagspause, die Frau ja sowieso nie allein verbringen sollte ;-) Unser Gast leistet uns also (virtuell) Gesellschaft beim #neverlunchalone.

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