Ein Gastbeitrag von Rechtsanwältin Nina Diercks, Anwaltskanzlei Diercks und Herausgeberin des Social Media Recht Blog . In unserer Reihe beantwortet sie Rechtsfragen rund ums Netzwerken., diesmal geht es um das Thema Impressumspflicht. Wer Nina Diercks kennt, weiß, dass auf einmal trockene Rechtsthemen ganz schön spannend werden:
Und schon geht es los mit der klassischen Juristenantwort: Es kommt darauf an. Und worauf genau? Nun, wenn ich Fotografien anfertigen lasse – gleich welche – dann hat der Fotograf daran das Urheberrecht. Damit ich die Fotografien nutzen darf, benötige ich die Nutzungsrechte. Diese muss mir der Fotograf einräumen.
Und nun kommt es darauf an, in welchem Umfang mir der Fotograf die Nutzungsrechte eingeräumt hat. Darf ich die Fotografien nur analog auf einer Papier-Bewerbung verwenden, juristisch betrachtet, also verbreiten? Oder darf ich die Fotografien auch ins Internet stellen (der Jurist sagt dazu „öffentlich zugänglich machen“)? Fragen über Fragen. Und in den seltensten Fällen verlässt man das Fotostudio mit einem geordneten Lizenzvertrag.
Doch da kommt die sogenannte Zweckübertragungslehre ins Spiel. § 31 Abs. 5 Urheberrechtsgesetz besagt nämlich „Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt.“
Anders ausgedrückt, hat man keinen expliziten Vertrag, so wird sich überlegt, was wohl der ursprüngliche Zweck der Angelegenheit war und danach bemisst sich, was ich mit den Fotos darf oder eben nicht darf.
Damit sind wir auch schon wieder zurück bei der Einstiegsfrage: Überreicht mir der Fotograf also ausschließlich zehn Fotografien auf Fotopapier, so ist davon auszugehen, dass ich nur das Nutzungsrecht für genau diese zehn Fotografien erhalten habe. Ich darf sie nicht kopieren. Und ich darf sie auch nicht fotografieren und dann ins Internet stellen. Folglich darf ich die Fotos auch nicht bei XING oder LinkedIn nutzen. Denn Fotografien auf Fotopapier haben nun einmal die Eigenschaft, dass sie vom ursprünglichen Zweck her nur auf Papierbewerbungen eingesetzt werden.
Überreicht mir der Fotograf hingegen eine CD mit digitalen Fotodateien kann die Sache schon anders aussehen. Die Dateien erhält die abgebildete Person in der Regel, um von den einzelnen Fotografien unbegrenzt Kopien anfertigen lassen zu können. Der Fotografierte kann also die Fotos in jedem Fall in unbegrenzter Zahl auf Fotopapier vervielfältigen.
Ob die digitalen Dateien aber auch ins Internet gestellt werden dürfen, ist deswegen noch nicht ganz klar.
Befinden sich auf der CD druckfähige, hochauflösende Dateien und jeweils komprimierte Bilder, wie sie zum Einstellen in Portale üblicherweise geeignet sind, dann spricht das dafür, dass die Fotografien auch öffentlich zugänglich gemacht und damit bei XING oder LinkedIn verwendet werden dürfen. Denn zu welchem Zweck sollten sonst komprimierte Dateien beigefügt werden? Mangelt es eben an jenen komprimierten Dateien, könnte dies zu Gunsten des Urhebers, also des Fotografen, dafür streiten, dass mit der Übergabe der Foto-CD nicht das Recht eingeräumt wurde, die Fotografien auch auf Netzwerken im Internet zu nutzen.
Der eine oder andere Leser mag nun an dieser Stelle einwerfen „Ja, aber wozu werden die Bilder denn sonst heutzutage gemacht!? Das ist doch klar!“ Ja, damit würde ich einen Mandanten auch verteidigen. Allerdings streitet der oben genannte Zweckübertragungsgrundsatz immer zu Gunsten des Urhebers. Das heißt, wenn eben nicht klar ist, dass auch bei einer Übergabe von ausschließlich hochauflösenden Bildern, eben diese Bilder für das Internet genutzt werden dürfen, wird ein Richter im Zweifel für den Urheber entscheiden.
Und was passiert, wenn ich die Fotos trotzdem einfach im Internet verwende?
Wenn das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung nicht übertragen wurde, dann kann als nächstes eine Abmahnung im Briefkasten liegen. Damit wird dann Unterlassung, Erstattung der Rechtsanwaltskosten und Schadensersatz verlangt.
„Schadensersatz?“ mögen Sie an dieser Stelle wieder ausrufen und denken, dass Sie die Fotos doch schon bezahlt hätten. Nun, wenn Sie Fotos in Papierform oder als hochauflösenden Digitaldateien erhalten haben, dann haben Sie im Zweifel eben genau nur für das Recht bezahlt, die Fotos verbreiten bzw. vervielfältigen zu dürfen.
Aber nicht, die Fotos öffentlich zugänglich zu machen. Das sind unterschiedliche Nutzungsarten und eine sogenannte Lizenz (das Recht zur Nutzung) haben Sie eben nur für erstere Nutzungsart erworben. Also müssen Sie dann eben für die unerlaubte Nutzung (für das ins Internet stellen) Schadenersatz zahlen.
Des Rätsels Lösung: Wenn Sie sich nicht sicher sind, welche Rechte Sie erworben haben, dann klären Sie das mit Ihrem Fotografen. Wundern Sie sich aber nicht, wenn er dann mehr Geld verlangt. Denn im Zweifel haben Sie nun eine Lizenzerweiterung gekauft. Dafür können Sie die Bilder aber ohne Bedenken ins Internet stellen.
Nina Diercks, MLitt (University of Aberdeen) ist Rechtsanwältin und Partnerin der Anwaltskanzlei Diercks in Hamburg und Gründerin wie Autorin des Social Media Recht Blog. In ihrer täglichen Arbeit beschäftigt sie sich mit all den juristischen Fragen, denen Unternehmen in der digitalen Welt begegnen. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Beratung und Vertragsgestaltung.