Wenn sich jemand mit Facebook, Google+ und Twitter auskennt, dann ist es Annette Schwindt, Bloggerin und Buchautorin aus Bonn. In ihrem Blog annetteschwindt.de teilt sie Persönliches, Kulturelles, aber auch Wissen über digitale Kommunikation. In diesem Interview spricht sie über Facebook.
In Deutschland wird Facebook oft noch eher als privates denn als berufliches Netzwerk gesehen. Viele Menschen haben Vorbehalte. Teilen Sie diese Ansicht?
Ich kann inzwischen verstehen, dass es vielen zu kompliziert geworden ist. Trotzdem bleibt es Weitersage-Instrument Nr.1. Ich kann in meinem persönlichen Profil außerdem meinen Lebenslauf detailliert darstellen, meine Kontakte in Listen geordnet mit individuellen Privatsphäreneinstellungen pflegen, ich kann Beiträge öffentlich oder gezielt weitersagen und die Beiträge von anderen strukturiert abonnieren. Meine eigenen Beiträge sage ich über eine geschäftlche Seite weiter, es sei denn ich bin Journalist, dann darf ich das auch via Profil.
Das gilt sicher so für Selbständige, die müssen ja überall präsent sein. Wie ist das denn mit Angestellten, die müssen sich ja nicht so öffentlich zeigen…
Das kommt darauf an, in welchem Bereich jemand arbeitet. Personal Branding ist auch für Angestellte ein Thema. Die Personalverantwortlichen schauen heute nicht nur auf die eingesandten Unterlagen, sondern gerade auch auf das Verhalten online. Also nicht verstecken, sondern die Möglichkeiten sinnvoll nutzen! Wichtig ist nur, dass man nicht vorzuspielen versucht, was man nicht ist, oder sich blamiert.
Welche Schritte empfehlen Sie Berufseinsteigern, die Facebook für ihre Karriere oder ihren Berufseinstieg nutzen möchten?
Man sollte sein Profil entsprechend aussagekräftig ausfüllen. Man kann den Infobereich nutzen, um bisherige Stationen der Ausbildung und Erfahrungen abzubilden. Diese Informationen kann man dann für die entsprechenden Interessenten oder öffentlich sichtbar machen. Wichtig ist, dass man sich als Berufseinsteiger ehrlich interessiert zeigt und sich sinnvoll auf den Seiten von Unternehmen einbringt, die man als potenzielle Arbeitgeber ansiehst. Wer so was nur ›faked‹, fällt gleich durch.
Eine andere Möglichkeit: eine eigene offizielle Seite für die Jobsuche erstellen, als eine Art öffentliche Bewerbung.
Facebook sichert sich durch seine Geschäftsbedingungen Nutzungsrechte an meinen Inhalten (Texten, Bildern und so weiter) und könnte diese theoretisch weiterverkaufen. Das spricht doch eigentlich gegen eine Präsenz dort?
Unsinn. Facebook kann meinen Kontakten, die meine Beiträge abonniert haben, nur dann diese Beiträge in deren Newsfeed anzeigen, wenn es die Erlaubnis hat, meine Inhalte dazu zu verwenden. Dazu dient die Klausel. Sie ermöglicht es Facebook auch, Werbetreibenden auf der Plattform die Option der zielgruppenspezifischen Werbung aufgrund anonymisierter Daten anzubieten. Wie weit es dabei gehen darf, definiere ich in meinen Einstellungen.
Viele Menschen sehen Facebook als einen Datenkraken, der mit unseren Daten Geld verdient.
Ehrlich gesagt bin ich dieses Thema so was von leid. Der Sinn eines sozialen Netzwerks ist es, die Daten der Nutzer zueinander in Beziehung zu setzen. Deswegen eröffnet man da ein Profil. Wer das nicht will, soll einfach wegbleiben. Und ja, Facebook ist nicht Mutter Teresa, sondern ein Unternehmen, das sich – welch Wunder! – irgendwie finanzieren muss, um uns seine Dienste zur Verfügung stellen zu können. Ich kann nicht bloß die Vorteile haben wollen, ohne selbst was dafür zu geben. [clickandtweet handle=““ hashtag=““ related=““ layout=““ position=““]Geld ist eine Form des Gegenwerts, Daten eine andere.[/clickandtweet] Aber welche ich hergebe und welche nicht, entscheide ich immer noch selbst.
Und dann gibt es da ja auch noch Google+. Soll ich denn da jetzt auch noch mitmachen?
Wem seine Suchmaschinenergebnisse und sein Personal Branding egal sind, kann es gern bleiben lassen. Wer allerdings einen effektiven Multiplikator sucht, sollte sich dringend mit Google+ beschäftigen. Wer außerdem Gmail, YouTube oder sonst einen Dienst von Google nutzt, ist ohnehin schon drin. Dabei darf man Google+ nicht mit Facebook verwechseln! Google+ ist der Social layer*, der die verschiedenen, schon zuvor existierenden Google-Dienste mit Funktionen des Social Web vernetzt. Facebook hingegen ist ein als solches konzipiertes und ständig weiterwachsendes soziales Netzwerk.
*Definition „Social layer“: der soziale Kitt für alle Google-Dienste
Buchtipps & Links:
- Technik-Tipps von Annette Schwindt, immer lesenswert und absolut verständlich erklärt: annetteschwindt.de/thema/digitales/techniktipps/
- Annette Schwindt: Das Facebook-Buch. O´Reilly 2012. Auch wenn vieles mittlerweile veraltet ist, kann es zur ersten Orientierung helfen, hier mal reinzulesen.
- 20 inspirierende Beispiele für Markenbotschafter auf Facebook, Artikel von Dr. Kerstin Hoffmann im Upload-Magazin